www.Crossover-agm.de PASTOR BRAD: Heavenly Shred
von rls

PASTOR BRAD: Heavenly Shred   (guitarjams.net)

Pastor Brad betreibt seine Strategie, die Frohe Botschaft mittels metallischer Instrumentalscheiben zu verbreiten, weiterhin mit großer Intensität. Fast jedes Jahr kommt ein neues Album von ihm heraus, und das vorliegende, anno 2008 erschienene ist nun auch noch ein thematisches: ein Weihnachtsalbum. Mit einem bißchen strategischem Glück könnte das sogar einen nicht unerheblichen Popularitätszuwachs für den gitarrespielenden Amerikaner erzeugen, wenn man bedenkt, was für einen gigantischen Status das Trans-Siberian Orchestra in den USA mittlerweile erreicht hat. Und die haben das Thema von "Carol Of The Bells" interessanterweise auch schon mal umgesetzt. Von deren bisweilen etwas süßlicher Herangehensweise hält Brad freilich ein gewisses Stück Abstand und ersetzt klimpernde Keyboards lieber durch zupackende metallische Power (in "Silent Night" klimpern dafür die Drums wie Schlittenglocken, und hier gibt es streckenweise auch einen der wenigen Streicherteppiche des Albums, während das Keyboard ausschließlich in "Christian Metal Realm" mal Leadfunktionen übernimmt, in vielen Songs aber komplett abwesend ist), ohne freilich neue Härterekorde aufstellen zu wollen. Alle Kompositionen bzw. Arrangements bleiben auch für einen halbwegs rockgewohnten Hörer jederzeit zugänglich, und wer Künstler wie Steve Vai oder Joe Satriani, die auf ihren Soloalben perfekte Kopplungen aus Anspruch und Zugänglichkeit untergebracht haben, schätzt, der wird auch mit "Heavenly Shred" seine Freude haben - schon der zupackende Opener "Oh Little Town Of Bethlehem" hätte sich auch bestens auf einem der Alben dieser beiden Heroen gemacht, und nur das etwas unmotiviert wirkende Break im ersten Songteil, aus dem sich der Songfluß nur schwer wieder hervorarbeitet, muß als kleiner Problemfall angesehen werden. Die Formulierung "Kompositionen bzw. Arrangements" hat dem tiefgründigen Leser schon verraten, wie Brad ans weihnachtliche Thema herangeht, nämlich mit einer Kopplung aus Eigenkompositionen mit mehr oder weniger weihnachtlicher Thematik (soweit man die mit nonvokalen Werken halt transportieren kann) und Arrangements von Weihnachtsliedern. Bei letzteren fällt (neben der Tatsache, daß sie gegenüber den Eigenkompositionen die Mehrheit auf der CD stellen) zweierlei auf: Zum einen sind es natürlich hauptsächlich Lieder mit einem gewissen Popularitätsgrad in den USA, der keineswegs mit dem in Mitteleuropa kongruent sein muß - will heißen, man wird als deutscher Hörer keineswegs in jedem Fall sofort aus voller Kehle mitsingen können. Zum anderen wäre das mit dem Mitsingen selbst bei entsprechender Text- und Melodiekenntnis schwierig, denn Brad spielt keineswegs eine klassische Struktur mit Vorspiel, drei Strophen und Nachspiel, sondern nimmt sich einer anderen, nicht minder klassischen Herangehensweise an: Er komponiert bzw. arrangiert Stücke über die jeweiligen Liedthemen, wie es die ganzen alten Kirchenkomponisten mit Bach an der Spitze getan haben - bei denen nannte sich so etwas "Choralbearbeitung" und füllte ganze Notensammlungen. Soll heißen: Man erkennt die Hauptthemen natürlich wieder (sofern man die Lieder im Original kennt), aber man muß sich auf ihre mannigfache Verarbeitung einstellen und die Arrangements eigentlich mit klassisch geschultem Ohr hören, um all das mitzubekommen, was Brad in seine Bearbeitungen hineingelegt hat. Freilich ist das keine zwingende Voraussetzung, um "Heavenly Shred" gut zu finden - man kann es natürlich auch einfach als ein cooles Metal-Instrumentalalbum hören und sich freuen, wenn man hier und da mal eine bekannte Melodie herausgehört hat. Allerdings wäre, um mit Vai und Satriani mithalten zu können, noch ein wenig mehr Power in der Produktion vonnöten gewesen - gerade das Schlagzeug klingt doch ein wenig zu blechern und zu sehr nach Konserve, wenngleich man sich mit der Zeit an diesen Sound zu gewöhnen beginnt. Ein sechster Gastmusiker für die Drums wäre, wenn es denn tatsächlich welche aus der Konserve sind, sicher noch irgendwie auftreibbar gewesen. Für die fünf anderen gibt das Backcover bei einigen die instrumentelle Zuordnung an, bei anderen aber nicht. Jim Griffin und Dee Harrington waren schon auf "Reshredded", Brads 2006er Album, dabei, und den Namen Jeff Garner hat man auch irgendwo schon mal gehört, ebenso wie David Wallimann, so daß als einziger, der dem Rezensenten nun überhaupt nichts sagt, der auf drei Songs mitspielende Mario Barasic verbleibt. Jeff Garner ist u.a. für "Holy Holy Holy" als Gast angegeben, und dabei handelt es sich um den einzigen Song, der einen kurzen Gesangspart enthält, nämlich die kurze gregorianische Einleitung "Gloria in excelsis Deo". Ob die nun von Garner stammt oder von Brad selbst oder kurzerhand gesampelt wurde, muß ungeklärt bleiben. Ansonsten verbleibt das reichlich 43minütige Album bis auf die "C. - M. - R."-Gangshouts und etwas Geflüster in "Christian Metal Realm" komplett instrumental. Keine explizite Weihnachtsthematik hat übrigens der 3. Vers von Psalm 33 - aber er fordert, man solle dem Herrn ein neues Lied singen, u.a. mit Saitenspiel, und dieser Aufforderung kommt Brad in seinem ganzen Schaffen und so auch auf dieser Weihnachts-CD nach. Wer einerseits vom ganzen Weihnachtsmarkt-Geklimper genervt ist, andererseits aber auch der punkig-gröligen Ausrichtung (die man ja häufig hört, wenn harte Bands Weihnachtslieder nachspielen) nichts abgewinnen kann, der bekommt mit "Heavenly Shred" eine sehr nützliche Alternative, wenngleich man natürlich prinzipiell auf Gitarrenheldenmetal instrumentaler Bauart stehen muß. Dessen Zielgruppe jedenfalls kann sich "Heavenly Shred" bedenkenlos unter den Tannenbaum legen lassen.
Kontakt: www.guitarjams.net, pastorbrad@aol.com

Tracklist:
Oh Little Town Of Bethlehem
O Come O Come Emmanuel
Deck The Halls
Silent Night
Joy To The World
Nothing But The Blood
Holy Holy Holy
I'll Fly Away
Oh How I Love Jesus
Carol Of The Bells
Christian Metal Realm
Psalm 33:3



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