www.Crossover-agm.de OPETH: In Live Concert At The Royal Albert Hall (DVD)
von ta

OPETH: In Live Concert At The Royal Albert Hall (DVD)   (Roadrunner Records)

Auch nicht schlecht. In der altehrwürdigen Royal Albert Hall spielten Pink Floyd, The Who, Deep Purple, Cream, Simply Red - und anno 2010 auch die erste Härtnerband, nämlich die genialen Prog-Deather Opeth, die das Konzertereignis mitgeschnitten und nun in einer Version veröffentlicht haben, die allen relevanten Ansprüchen genügt.
1. Das Set. Das Set ist zweigeteilt. Die ersten 70 Minuten gehen für die komplett gespielte "Blackwater Park"-Scheibe von 2001 drauf; eine gute Wahl angesichts der Tatsache, dass das Album bei Opeth-Fans sehr hoch im Kurs gehandelt wird und die Songs sich konstant auf einem Niveau einpendeln. Der zweite Teil des Sets dauert 105 Minuten und bietet jeweils einen Song aus allen anderen bis 2010 erschienenen Alben von Opeth. Eine Entscheidung, die zwar nicht den Geschmack jedes Fans treffen wird (auf Songs der ersten beiden Alben könnte ich bspw. zugunsten weiterer neuerer Songs problemlos verzichten), die aber in sich logisch ist und die komplette stilistische Bandbreite der Band repräsentiert. Die Auswahl hat zudem zur Folge, dass es abgesehen von "Bleak" und "Blackwater Park" keine Überschneidung mit dem Set der 2007 veröffentlichten "Roundhouse Tapes"-DVD gibt. Auch die drei Überschneidungen mit "Lamentations" von 2003 ("Hope Leaves", "Harvest", "The Drapery Falls") sind verschmerzbar und zudem unvermeidbar - "Hope Leaves" stammt von "Damnation", das komplett auf der "Lamentations"-DVD enthalten ist, die anderen beiden Songs stehen auf dem "Blackwater Park"-Album, das wiederum hier komplett performt wird.
2. Die Arrangierung. Die Songs werden im Großen und Ganzen originalgetreu nachgespielt, aber um weitere Details ergänzt: Hier ein paar andere Töne im Solo, dort eine verzerrte statt einer akustischen Gitarre etc. Die auffälligste Neuerung ist der relativ kontinuierliche Synthesizereinsatz, was besonders im ersten Teil des Sets auffällt - "Blackwater Park" ist im Original nahezu synthiefreie Zone und Per Wiberg war seinerzeit noch nicht Teil der Band, bereichert hier jedoch die Songs auf durchweg passende Art und Weise. Bei "Harvest" hatte ich anfangs Angst, dass die melancholischen Akustikgitarren durch Synthies verkitscht werden, aber Wiberg ist kein Kleisterkönig, sondern wie Akerfeldt in den 70ern zuhause und gefällt mit warmen Minimoog- und Mellotron-Sounds wie auch auf den jüngeren Opeth-Veröffentlichungen. Martin "Axe" Axenrot kopiert die vielen jazzigen Schlagzeugdetails seines Vorgängers Martin Lopez inzwischen tadellos (das zeigte bereits die 2007er-DVD), wie auch Zweitgitarrist Fredrik Akesson seinem Vorgänger Peter Lindgren spielerisch gewachsen ist.
3. Die Performance. Wer einmal ein Opeth-Konzert besucht hat, weiß ja in etwa, wo der Hase langläuft. Mittelpunkt der Show ist Mikael Akerfeldt nicht nur durch die Doppelbesetzung Gesang/Gitarre, sondern auch, weil er das Publikum als selbstironischer Entertainer durch den Abend führt. In der Hinsicht hält sich Akerfeldt in der ersten Hälfte des Konzerts, d.h. dem "Blackwater Park"-Set, das keine einzige Ansage enthält, zurück, um dann in der zweiten umso mehr vom Leder zu ziehen - zum historischen Querschnitt passend in Form von Anekdoten und Bemerkungen zum jeweiligen Zeitabschnitt des Opeth-Kosmos, den der ausgewählte Song repräsentiert.
Akerfeldt und seine Sidekicks haben auf der Bühne nie die Bewegungsmelder aufschrillen lassen (was bei dieser Musik auch nicht passend wäre), Positionswechsel gibt es also keine. Die Präsentation der Band hat stattdessen etwas Meditatives und in die Musik Versunkenes, ohne jedoch ins Stoische abzugleiten. Durch das einigermaßen agile Duo Akesson/Wiberg auf der rechten Bühnenseite (das den sehr introvertierten Lindgren ersetzt) hat man zudem ein gutes Pendant zum dauerbangenden Martin Mendez auf der linken Seite. Überhaupt ist das Gesamtbild wohl austaxiert - die Lichtshow ist auf die sehr dynamischen Songs abgestimmt und führt nur selten ein aufdringliches Eigenleben; und unmittelbar hinter der Bühne flimmern passende Bilder über eine große Videoleinwand, zumeist durch den Farbfilter gejagte Naturaufnahmen.
4. Der Sound. Der Sound hat Studioqualität, jedes Instrument ist glasklar und druckvoll zu hören. Lediglich der Gesang von Mikael Akerfeldt unterscheidet sich einigermaßen deutlich von den Albumversionen: Die Growls sind etwas höher, die zweistimmigen Parts bei den sauberen Passagen fehlen, einige Passagen werden variiert. Das Publikum ist nur in den Pausen zu hören und auch dort eher hintergründig, was bereits auf den Vorgänger-DVDs der Fall war und zumindest mich nicht weiter stört.
5. Bild & Kamera. Die Bildqualität genügt selbst in der angeblich qualitätsreduzierten Promofassung der DVDs hohen Ansprüchen. Feinkörnig wird die Band eingefangen, die Lightshow erlaubt jederzeit einen klaren Blick auf das gefilmte Objekt. Die Kamera fängt viele Totalen der Bühne ein, einige Totalen der Publikums, und richtet sich ansonsten besonders auf (natürlich) Akerfeldt, Akesson und Wilberg. Entsprechend des harten und bewegten Sets sind die Musikeraufnahmen zumeist Ganzkörperaufnahmen - auf "Lamentations" konnte man noch Akerfeldts Mund beim Singen und seiner Hand beim Zupfen zusehen. Die Schnitte sind weich und die Kamerafahrten schön unhektisch, wie es sich bei dieser epischen Musik gehört; manche Schnittabfolge ist mir jedoch zu schnell - mehr Verweilen bei einzelnen Musikern wäre angebracht gewesen.
6. Specials. Da wäre erstens ein 40minütiges Interview mit Akerfeldt, bestehend aus mal mehr, mal weniger interessanten Fragen, die von Opeth-Fans ausgewählt wurden. Inhaltlich nicht weltbewegend, aber einmal mehr zeigend, dass Akerfeldt eine überaus sympathische Person zu sein scheint. Und ein kurzweiliger, ebenfalls 40minütiger Zusammenschnitt aus Tourimpressionen aus der Backstage-Perspektive. Beides schaut man sich nur einmal an, aber mehr als einen Bonus sollen diese Teile wohl ohnehin nicht darstellen.
Insgesamt eine wertige Veröffentlichung, die auch so kurz nach den "Roundhouse Tapes" Sinn macht. "In Live Concert At The Royal Albert Hall" ist als Doppel-DVD und DVD/CD-Set erschienen. Für diese Rezension lag die Doppel-DVD-Version vor.
Kontakt: www.opeth.com, www.roadrunnerrecords.com

Tracklist:
DVD 1:
1. The Leper Affinity
2. Bleak
3. Harvest
4. The Drapery Falls
5. Dirge For November
6. The Funeral Portrait
7. Patterns In The Ivy
8. Blackwater Park
Interview M. Akerfeldt

DVD 2:
1. Forest Of October
2. Advent
3. April Ethereal
4. The Moor
5. Wreath
6. Hope Leaves
7. Harlequin Forest
8. The Lotus Eater
Tourimpressionen
 




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