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von tmy

NEUROMANCER: Gesicht statt Schminke   (Tomlab)

Magenkrämpfe garantiert!

Man muß einiges ertragen und hat einen schweren Weg vor sich, wen man sich zu den Reihen der Hamburger Schüler gehörig fühlt. Man muß einen Haufen Mist ertragen, um die Essenz der genialsten deutschen Erfindung der 90er Jahre in Sachen Independent Music aus dem Brackwasser der Hamburger Schule zu filtern. Das ist aber auch das, was einen stolz macht, wenn man dann Bands wie Kajak oder Mon]tag oder Hotel oder Astra Kid kennt und nicht nur peinlich berührt schweigen muss, wenn man nach diesen Gruppen gefragt wird. Allen obengenannten ist es zu verdanken, dass die Hamburger Schule ihren Wiederaufstieg feiern und bestreiten konnte, der wohlverdient und unabhängig von Gründerbands wie Cpt. Kirk & oder natürlich den Urvätern Kolossale Jugend und Tocotronic seinen Einzug in die Untergrundmusikszene in Deutschland hält. Sehr sehr böse wird man als Hamburger Schüler, wenn einem dann ein derartiges Machwerk wie Neuromancers "Gesicht statt Schminke" vor die Füße geworfen wird. Was Ignoranten und Schwachköpfe, die lediglich eine unzulängliche Ahnung von Hamburger Schule haben, sich anmaßen, indem sie glauben, alles was die "neue Hamburger Schule" bräuchte, sei ein Computer sowie ein arbeitsloser, miesepetriger und sich vor Liebeskummer selbst zerfleischender Soziologiestudent und dass man sich dann guten Gewissens in die deutschsprachige Musikkultur einschleichen könnte, ist nicht nur unverschämt, sondern schlichtweg peinlich. Zwar ist man an Mißtöne gewöhnt durch Dirk von Lowzow oder Arne Zank von Tocotronic, aber was den Hörer beim Neuromantiker erwartet, ist der Gipfel. Er mischt lediglich ein paar Beats mit deutschsprachiger Pseudoprosa und spielt hie und da ein wenig an der Gitarre herum, spricht wie mit sich selbst und belästigt den Hörer viel zu lange. Das Album scheint auf den ersten Blick ziemlich gut aufgebaut, durch Einleitung, Hauptteil und Schluß, wenn man jedoch über "Lieder" mit so kuriosen Namen wie "Das mausetote Wasserbrot" stolpert, fragt man sich schon, ob der Kerl nicht doch etwas über die Stränge schlägt mit seinem Drogenkonsum. Hier passen auch die ersten Silben seines Bandnamens: "Neuromancer = Neuromantiker". Teilweise klingt es schon sehr neurotisch. Die armen Frauen, deren er seine Werke widmet. Ich kann nur für sie hoffen, dass sie ihm nie die Gelegenheit geben werden, es ihnen vorzuspielen. Wenn er schon von Thomas D. klaut, dann sollte er wenigstens genau zuhören. Wunderbares und Geheimnisvoll-Magisches kann man auf der CD kaum entdecken, so wie die Strömung der "Neuromantik" es verstand; der einzige Mythos, der sich auftut, ist der, wie Axel Pötschke die Stirn haben kann, die Welt mit seinem Werk zu belästigen. Wenn er schon eine möglichst genaue Darstellung der Wirklichkeit als "Neuromantiker", so wie Gerhart Hauptmann als Vertreter der Neuromantik, erreichen will, sollte er ehrlich bleiben und sagen: "Ich bin ein frustrierter, schlecht frisierter Einzelkämpfer und mache das alles nur aus Langeweile, es lebe die Hamburger Schule". In diesem Punkt ist er zwar sehr ehrlich, aber Ehrlichkeit bedeutet nicht gleich Kunst. "Gesicht statt Schminke" ist zwar eine ehrliche und berechtigte Forderung, jedoch heißt das in Axel Pötschkes Fall, dass hinter der Schminke nichts als ein trauriges pickliges Gesicht zum Vorschein kommt. Deshalb bin ich der Meinung, dass er lieber bei Rechtswissenschaften oder seinen Jazzkonzerten hätte bleiben sollen und das Singen und Musikmachen anderen (Fähigeren) überlassen sollte. Dieses Album ist nur was für sehr harte und eiserne Fans (derer es nicht viel geben dürfte, hoffe ich!). Magenkrämpfe garantiert!
Kontakt: www.neuromancermusic.com, www.tomlab.com

Tracklist:
1. Einleitung
2. Breakup
3. Lioba
4. Berlin, Berlin
5. Dreiecken
6. So viel Schönes
7. Plattenreiter
8. Na dann move ma
9. Das mausetote Wasserbrot
10. Einszunull
11. Jederzeit bereit
 




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