www.Crossover-agm.de MANFRED MANN: Lone Arranger
von rls

MANFRED MANN: Lone Arranger   (Creature Music/PIAS)

Der Rezensent dürfte nicht allein mit seiner Meinung dastehen, wenn er "Father Of Day, Father Of Night" in der Fassung von Manfred Mann's Earth Band als eine der besten Coverversionen, die dieser musikalische Planet jemals erleben durfte, bezeichnet. Freilich wird er sich bei Hardcore-Dylanologen damit wenig Freunde machen - diese hatten ja schon mit der Elektrifizierung von His Bobness zu kämpfen, und dann kam da auch noch dieser südafrikanische Keyboarder daher und machte aus dem winzigen Dylan-Song zehnminütigen monströsen Progrock. Selbiger Song entfaltete in dieser Fassung dann zwar massenweise eigene Qualitäten - aber zumindest einige Freunde des Originals werden zu schlucken gehabt haben.
Analoges gilt jetzt für "Lone Arranger", Manns erstes Soloalbum seit geraumer Zeit, auf dem der 74jährige insgesamt 14 Songvorlagen durch den Wolf dreht, und zwar so, daß man in vielen Fällen erstmal ganz genau hinhören muß, was das im Original einstmals gewesen ist. Parallelen zu Knorkators "Highway To Hell"-Dekonstruktion oder diversen Umsetzungen der kongenialen Schweden Hellsongs tun sich auf, nur war Knorkators AC/DC-Umsetzung eine - wenn auch respektvolle - Parodie, während Hellsongs es mit ihrem Lounge Metal durchaus ernst meinten. Allerdings setzten sie alle Vorlagen in einem einheitlichen Stil um, was Knorkator (deren Fassungen von "Geh zu ihr" der Puhdys und "With A Little Help From My Friends" der Beatles, die sich ebenfalls auf dem "Hasenchartbreaker"-Werk befanden, sich im Endergebnis grundsätzlich von der AC/DC-Orchesterfassung unterschieden) und auch Manfred Mann auf "Lone Arranger" nicht taten bzw. tun. Man kommt sich bisweilen so vor, als habe man mit "Lone Arranger" einen Sampler im CD-Player, so unterschiedlich sind die Mann-Fassungen der allerdings auch im Original schon sehr verschiedenen Stücke. Prinzipiell gibt es zwei Kategorien: zum einen Mann-Umsetzungen fremder Originale, zum anderen sozusagen Re-Covers, nämlich Mann-Umsetzungen fremder Originale, in denen wiederum Mann-Passagen eingesampelt worden waren. Die ersten beiden Tracks verdeutlichen gleich beide Versionen. Der Nichtvorbereitete wird zwar mutmaßen, er habe die falsche CD eingelegt (Manfred Mann und Rap??), aber "One Hand In The Air" ist tatsächlich eine Umsetzung von Kanye Wests "So Appalled", und der hatte dort eben wiederum Mann gesampelt, während es sich bei "All Right Now" wirklich um den alten Hit von The Free handelt, von dem freilich wenig musikalisches Motivmaterial übriggeblieben ist, was analog auf "Rock You", hinter dem sich tatsächlich eine Kuschelversion von Queens "We Will Rock You" verbirgt, zutrifft. Freilich ist nicht jeder Song einer Entschleunigung zum Opfer gefallen, wie das flotte "I Heard It Through The Grapevine" oder das auch mal verzerrte E-Gitarren zulassende "I Came For You", das, wäre der Drummer ein echter, in dieser Fassung auch von Toto stammen könnte (es ist allerdings eine vierstufige Coverversion: Mann covert Springsteen, wird von den Disco Boys gecovert und covert diese nun selbst wieder), unter Beweis stellen. Leider gibt das Promomaterial keinen Hinweis darauf, welcher der zahlreichen Gastmusiker in welchem Song zu hören ist, auch wenn man Violinist Billy Thompson oder Trompeter Till Brönner zu erkennen glaubt, weil es die einzigen namentlich bekannten Vertreter ihrer Zunft, die man im Albumkontext genannt bekommt, sind. Und gerade Brönner erweist sich als Trumpf, der Sinead O'Connors "Nothing Compares To You" mit seiner samtweichen Melodielinie einen Stempel aufdrückt, der diesem Song sehr gut steht. Hier wie auch andernorts verzichtet Mann in seinen Fassungen weitgehend auf Gesang, da er meint, die Originale seien bekannt genug, daß der Hörer automatisch das entsprechende "Band" aus seinem Hirn abzurufen in der Lage ist. Dazu muß man freilich die populäre Musik der 80er und 90er in einer ziemlichen Bandbreite "auf Lager" haben und sich auch noch in der klassischen Musik auskennen (im vorliegenden Falle mit Joaquin Rodrigo, wobei dessen "Concierto For Aranjuez" mittlerweile aber auch durch zahlreiche Bearbeitungen beispielsweise aus dem Jazzbereich bekannt ist - Manns Fassung hätte übrigens auch zu Emerson Lake & Palmer gepaßt). Selbst wenn man die Originale kennt (oder auch gerade dann), wird einem allerdings so mancher Einfall etwas fragmentarisch vorkommen (man nehme das irgendwie ins Nichts führende "The Crystal Ship" als Exempel) und man sich anstelle eines eklektizistischen Konglomerats eine etwas stringentere Fassung wünschen, wobei dem Hörer allerdings bereits von vornherein ein großer Toleranzbereich abgefordert wird. Und um Enttäuschungen zu vermeiden, muß der potentielle Hörer von vornherein wissen, daß es sich hier nicht um ein Album von Manfred Mann's Earth Band handelt und er demzufolge nicht davon ausgehen sollte, hier progrockige Manifestumsetzungen wie "Father Of Day, Father Of Night" oder auch "Blinded By The Light" serviert zu bekommen - die genannte Rodrigo-Fassung ist der einzige progrockige Querverweis, will man "Bang A Gong" mit seinen phasenweise auftauchenden fetten Riffs und das auch irgendwie fortschrittlich rockende "One-Way Stand Up" (The Prodigy!) nicht als weitere Fingerzeige in diese Richtung werten. Klangweltenwanderer und Freunde des modernen Jazz, denn solcher prägt die meisten Umsetzungen in irgendeiner Form, könnten ihre Freude an "Lone Arranger" (cooles Wortspiel übrigens) haben, bei allen anderen weiß man noch nicht mal, welchen Song man ihnen als Anspieltip mit auf den Weg geben soll - man könnte goldrichtig oder auch grundfalsch liegen ...
Kontakt: www.manfredmann.co.uk

Tracklist:
01. One Hand In The Air
02. All Right Now
03. Rock You
04. Footprints (En Aranjuez Con Tu Amor)
05. I Came For You
06. Light My Fire
07. I Heard It Through The Grapevine
08. Nothing Compares To You
09. Insects
10. Ukor
11. Aranjuez First Movement (En Aranjuez Con Tu Amor)
12. Bang A Gong
13. The Crystal Ship
14. One Way Stand-Up
 




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