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KUKRYNIKSY: xXx
von rls

KUKRYNIKSY: xXx   (Nikitin)

Gothic Rock ist nicht gerade das erste Genre, das einem in den Sinn kommt, wenn man an Rußland denkt, obwohl die sprichwörtliche große Melancholie des russischen Volkes bei näherer Überlegung durchaus Anlaß zu solchen Vermutungen geben könnte. Aber der Rezensent ist auch nicht der große Gothic-Experte, und möglicherweise weiß er schlicht und einfach nichts davon, daß in Rußland der große Gothic-Bär tobt. Zumindest in Moskau ist von einer Gothic-Szene auszugehen - schließlich existiert dort alles an musikalischen Parallelwelten, was in den außerrussischen Gefilden so abgeht, und auch St. Petersburg, wo Kukryniksy beheimatet sind, ist diesbezüglich recht westoffen orientiert. "xXx" ist nun das erste Album von Kukryniksy, das dem Rezensenten vorliegt, allerdings handelt es sich bereits um die sechste Scheibe der Band, deren erstes Album von 1999 datiert und vom Cover her eher eine Boygroup vermuten läßt - ein Eindruck, den die Folgealben bis einschließlich "xXx" nicht mehr erwecken. Der Nachfolger zu "xXx", "Wsadniky Swjesda", wiederum ließe fast den Wechsel ins Heldenmetallager vermuten, zumal der Spezialist für Keyboards und Programmierungseffekte, Stanislaw Maiorow, aus der Besetzung verschwunden ist. Dafür enthält dessen bereits eingespielter, aber noch nicht veröffentlichter Nachfolger "Blagodatj" Beiträge eines Scratchers und eines Saxophonisten, was die zu erwartende stilistische Weiterentwicklung nicht eben leichter deuten läßt.
Also zurück zu "xXx": 46 Minuten lang bieten uns die fünf Petersburger hier das komplette Spektrum des Gothic Rock, für den man deutscherseits die mittleren ASP-Alben als Vergleich heranziehen könnte, allerdings ohne den dort ausgeprägten Pathosfaktor. Zwar gibt es auch bei den Russen einiges an Pathos zu hören, aber sie agieren zumeist recht bodenständig. Tanzbar-flotte Stücke wie "Nikto" stehen neben angezähten Hymnen wie "Karnawal", "Krainije Mery" bedient die Fanschicht, die eher elektronisch geprägte Klänge bevorzugt, und mit "Padenie" findet sich auch eine reine Akustikballade im Repertoire, ein Duett von Gastsängerin Chelawisa mit Leadsänger/Bandkopf Alexei Gorschenjew, der auch eine der beiden Gitarren bedient, gemeinsam mit dem Bediener der anderen, Dmitri Gussew, seit der Bandgründung an Bord ist und kompositorisch die Zügel in der Hand hält (Rußland-Szene-Experten kennen ihn vielleicht noch als Drummer von Korol I Schut). Unterm Strich dominieren die flotteren tanzbaren Songs, die sicherlich auch im Liverepertoire der Band einen breiten Raum einnehmen. Dazu kommt noch die im besten Sinne als normal anzusprechende Stimme von Alexei, der in keinerlei Richtung irgendwelche Extreme bedient und daher kaum Reibungspotental bietet, sich allerdings gut ins Gesamtschaffen einfügt, das ebenfalls eher auf Konsensfähigkeit als auf Konfrontation bedacht hat. Einzig an die Gesangsarrangements im Finale von "Pesnja Naiwnowo Tscheloweka" muß man sich erst ein wenig gewöhnen, aber das ist in diesem Lied des naiven Mannes vielleicht sogar Absicht. Die anderen Gastgesänge, nämlich von Igor Woronow in "Dwe Swesdy", sind von vornherein etwas in den Hintergrund gemischt worden, so daß sie den Leadgesang nicht wirklich gefährden können, aber nichtsdestotrotz interessante Färbungen in den besagten Hintergrund legen, der von zwei vorbeirasenden Autos gerahmt wird. An den zurückhaltenderen und/oder gitarrenlastigeren Stellen kommen einem manchmal auch The Mission oder gar The Cult als Vergleichsbands in den Sinn, aber ein dann doch mal recht hektisches Arrangement wie das von "Tjomnij Gorod" läßt diese Vergleiche schnell wieder in der Vergessenheit verschwinden. Das leichte Dröhnen im Sound dürfte in diesem Song Absicht sein, ansonsten gibt es am Klanggewand keine Abstriche zu machen, und dem westlichen Gothic-Anhänger kann daher "xXx" durchaus als Einstieg in die russische Gothic-Szene empfohlen werden.
Kontakt: www.kukry.ru

Tracklist:
Master-Killer
Cholodno
Karnawal
Moi Nowy Mir
Padenie
Nikto
Krainije Mery
Pesnja Naiwnowo Tscheloweka
Dwe Swesdy
Tjomnij Gorod
Schagi


 



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