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KONG: Live At FZW
von rls

KONG: Live At FZW   (Kongenial Records)

Kong waren in ihrer ersten Schaffensperiode der Zeit gleich in mehrfacher Hinsicht voraus. Instrumentalbands gab es im harten Sektor in den Neunzigern nur wenige, und Frauen, die nicht am Mikrofon (oder allenfalls noch am Keyboard) standen, besaßen damals auch Raritätenwert. Als sei das noch nicht genug, hatten Kong auch noch ein quadrophonisches Konzept nach dem Prinzip "Vier Musiker, vier Ecken" entwickelt - wenn es die Räumlichkeit hergab, stand in jeder Saalecke ein Podest mit einem der vier Bandmitglieder, während das Publikum sozusagen mittendrin statt nur dabei war. Daß eine solche Band dann auch kompositorisch nicht stromlinienförmig arbeiten würde, war zu vermuten, und so begannen Kong schrittweise immer neue musikalische Welten zu erschließen und ins als Grundsatz immer vorhanden bleibende Rock-Gerüst einzubauen, was dann live über Samples geregelt wurde, die im Regelfall Gitarrist Dirk de Vries abrief. Vier Alben legten Kong in den Neunzigern vor, nach dem 1997er "Earmined" war allerdings erstmal Schluß, und erst ein Jahrzehnt später stellte Bassist Mark Drillich ein neues Kong-Quartett zusammen, übrigens auch wieder mit einer Frau im Line-up, wobei Mandy Hopman allerdings nicht wie weiland Marieke Verdonk Gitarre spielt, sondern hinterm Drumkit sitzt. Jene neuen Kong veröffentlichten anno 2009 das Album "What It Seems Is What You Get", und aus den Liveaktivitäten für ebenjenes Album stammt der vorliegende Acht-Song-Mitschnitt, der im Januar 2010 in Dortmund mitgeschnitten wurde. Daß besagtes neues Album breiten Raum in der Setlist einnehmen würde, war natürlich zu erwarten, und so geht es auch gleich mit einem Dreierblock von ihm los, bevor mit Ausnahme von "Tenfold Right" der Rest des Mitschnittes dann aus den Neunzigern stammt. Da es sich nicht um ein reguläres Headlinerkonzert, sondern einen Auftritt im Rahmen der Rockhard Night handelte, könnte es sein, daß die 48 Minuten das komplette Konzert abbilden, aber auch die Variante, daß nicht alles auf der CD gelandet ist, was an dem Abend gespielt wurde, ist selbstverständlich nicht auszuschließen (wer's genauer wissen will, frage Dabeigewesene oder RockHard-Chef Holger Stratmann, seit vielen Jahren erklärter Anhänger der Band, der auch Mix und Mastering der Scheibe erledigt hat). Die musikalische Entwicklung hin zu mehr Komplexität läßt sich zumindest ansatzweise nachvollziehen, allerdings nicht dahingehend, daß der Setcloser "Stockhouse" als ältester hier vertretener Track (vom 92er Zweitling "Phlegm") auch der geradlinigste Song des Sets wäre - hier geht's nämlich rhythmisch arg wild zur Sache. Der "Bruch" zwischen dem neuen "Last Hunt" und dem vom 95er Drittling "Push Comes To Shove", dem damaligen Durchbruchsalbum der Band, stammenden "Hoover" wirkt aufgrund des sampleangereicherten und etwas nervös anmutenden ersten Teil des letzteren gar nicht so schroff, aber der ältere Song beruhigt sich schrittweise, und nur Hopmans Drumming bringt immer noch einen Unruhefaktor ins Spiel, während die drei Saitenartisten hier schon fast eine Ballade spielen. Aber schon das folgende "New", vom gleichen Album stammend, zeigt mit den arabischen Gesangssamples, welchen Grad an Einfallsreichtum und Schrankenlosigkeit Kong auch schon in den Mittneunzigern an den Tag legten, ohne daß das Ergebnis einen beliebigen Eindruck hinterläßt, wie das bei so manchem Verquirlungsresultat aus den "Anything goes"-Neunzigern der Fall war. Das Gros des Kong-Materials blieb damals jedenfalls mit einem nachvollziehbaren und oft sogar tanzbaren Grundrhythmus ausgestattet, der auch gern über längere Zeiten durchgehalten wurde - ein Element, das die 2009er Kong ein Stück weit zurückgefahren haben, damit auf die zwischenzeitlichen anderthalb Jahrzehnte der musikalischen Evolution eingehend, die im Deathcore oder technischen Death Metal ja mittlerweile zu Komplexitätsgraden geführt hat, an die man vor 20 Jahren noch nicht zu denken wagte, von einzelnen Vorreitern abgesehen. Das verlangt natürlich auch vom Hörer etwas mehr Erschließungsarbeit, aber der Kong-Altfan ist, wenn er die Entwicklung damals mitvollzogen hat, ja Herausforderungen gewöhnt, und potentielle neue Fans haben anhand der erwähnten Genres mittlerweile ganz andere Hörhorizonte. Eine Nummer wie "LumberHome" (der einzige Beitrag von "Earmined") wiederum vermittelt den Eindruck, als habe hier jemand eine originelle Dancefloornummer (fast ein Oxymoron, aber eben nur fast) mit einer Rockbesetzung umgesetzt. Die Geradlinigkeit ist hier also relativ gesehen am größten, während der Setcloser "Stockhouse" wie beschrieben nochmal alle Register des komplexen Schlagzeugspiels und der Verquickung verschiedener Parts, die in diesem Falle wundersamerweise doch ein großes Ganzes ergeben, zieht. In so einem Song beweisen sich Könner, und auch wenn nicht alle Kong-Werke diesbezüglich mithalten können, so gehören die Holländer doch zu den definitiv entdeckenswerten Bands, falls man sie als Instrumentalrockfan irgendwo zwischen Long Distance Calling und Third Ear Experience nicht sowieso schon längst kennen sollte.
Kontakt: www.kong.nl

Tracklist:
Musclebound Elf
Glossip
Last Hunt
Hoover
New
Tenfold Right
LumberHome
Stockhouse


 



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