www.Crossover-agm.de JOYLESS JOKER: Bjesradostny Schutnik
von rls

JOYLESS JOKER: Bjesradostny Schutnik   (Mystery)

So ganz freudlos scheint die Existenz dieses Jokers, die auch noch doppelt manifestiert anmutet (der russische Albumtitel entspricht übersetzt dem englischen Bandnamen, das Album ist also im Prinzip selbstbetitelt), dann doch nicht zu sein. Zu hören bekommt man nämlich nicht etwa Doom oder ähnliche lebensverneinende musikalische Spielarten, sondern eine eigenartige Spielart des Hardrock, angereichert allenfalls mit ein paar wenigen düsteren Elementen. "Live In Darkness", einer von zwei englisch betexteten Songs des Albums (obwohl drei einen englischen Titel tragen, aber "Dolby Surround" beschränkt den Einsatz dieser Sprache auf die beiden titelgebenden Worte und wird ansonsten in Russisch intoniert), beispielsweise entpuppt sich als flott-flockiger Rocksong, der quasi eine etwas gehärtete Fassung der gängigen Westcoast-Stilistik feilbietet. Überhaupt haben die fröhlicheren Achtziger-Stilistika unverkennbare Spuren im Schaffen der fünf Russen hinterlassen. Das betrifft sowohl die Grundausrichtung als auch bestimmte Verzierungen, zu denen beispielsweise die Megaphon-Vokaleinwürfe in "Live In Darkness" zu rechnen wären, die man in ähnlicher Form auch aus dem Achtziger-Pop kennt. Fast-Alleinkomponist Wadim Kulin weiß allerdings ihren Einsatz so zu dosieren, daß sich der traditionelle Hardrockanhänger noch nicht grausend abwendet, sondern diese Elemente noch als Bereicherung zu empfinden in der Lage ist. Auch etliche Keyboardlinien weisen soundlich deutlich in die Achtziger zurück, während Sänger Andrei Below ein ganz besonderes Kunststück fertigbringt: Seine Stimme würde zu den verschiedensten Stilen passen (auch zum Doom übrigens) und hinterläßt doch keinen beliebigen Eindruck, sondern wirkt wie organisch zum Instrumentalpart gehörig. Wer die ohrenscheinlich weiblichen Backings in "Beri Menja Sama", einem entspannten Westcoastrocker, den auch Toto so hätten schreiben können, beigesteuert hat, verrät das Booklet nicht - allerdings sind dort Keyboarder Wadim und auch Gitarrist Mark Tkatschjow für weitere Gesangsbeiträge angegeben, so daß vielleicht einer der beiden mit einer eher femininen Stimme gesegnet ist. Von der Optik des Bandfotos kann man diesbezüglich kaum Vermutungen anstellen - allerdings sieht gerade Drummer Konstantin Kordjukow eher so aus, als würde er in einer Hardcoreband spielen. In "I Wsjo!" legt er ins Intro noch schicksalhafte tiefe Gongs, die aber wieder von einer Achtziger-Keyboardfanfare neutralisiert werden, bis sich schließlich ein geradliniger Midtempohardrocker entwickelt, der im Refrain sogar noch auf doppeltes Stakkato hochschaltet, bevor alles seine geordneten Bahnen weitergeht, jedenfalls bis zum Hauptsolo, das erneut die Kombination Gongs plus Fanfare auffährt und in einen kurzen Gitarrenheldenteil übergeht. Ideen hat Wadim also durchaus, um die 43 Minuten recht kurzweilig zu gestalten, obwohl die Basisgerüste meist alles andere als kompliziert ausfallen - da ist "I Wsjo!" schon das Ende der Fahnenstange, was die Vielfalt angeht. Das macht freilich nichts, denn der Unterhaltungswert stimmt auch so. Mit "Staying By You" ist auch eine gefühlvolle Ballade am Start, bei der man freilich nicht so richtig weiß, ob man vor emotionaler Rührung weinen soll oder eher wegen des doch etwas holprigen Gebrauchs der englischen Sprache. Da bleibt der Joker doch besser bei seinem Leisten, wiewohl sich der Rezensent über die grammatikalische Qualität der russischen Texte kein Urteil erlauben möchte. Aber "Nasad W SSSR", ein Below-Text, liest sich schon mal recht interessant - da klopft zwar nicht der Sozialismus an die Tür des Zechers, aber zumindest Breshnew. Der Song ist der fröhlichste der ganzen Scheibe, eignet sich auch hervorragend zum Mitsingen, wenn man zumindest basische Russischkenntnisse besitzt ("Na Etoi Semlje" intoniert im Outro sogar noch die Marseillaise, aber auch auf Russisch). Solcherart Qualitäten entwickeln nicht alle der zehn Songs (plus ein Remix von "Beri Menja Sama", der sich als Orchesterballade entpuppt), aber in der Gesamtbetrachtung bleibt genug Hörenswertes, um dem Fan einer imaginären Mixtur aus Westcoast und Hardrock den Erwerb des auch soundlich überzeugenden Albums zu empfehlen.
Kontakt: www.mystery.msk.ru, http://joylessjoker.narod.ru

Tracklist:
Dolby Surround
Live In Darkness
A Mama Snajet, Schto Ty Ubjeschala?
Beri Menja Sama
Wsjo Rescheno Na Njebjesach
I Wsjo!
Staying By You
Potomu Schto ...
Nasad W SSSR
Na Etoi Semlje
Beri Menja Sama (Remix)



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