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HOKUM: No Escape
von ta

HOKUM: No Escape   (Red Farm Records)

Aus München kommen Hokum, aus dem Death Metal ihr Sound. Das derbe Grunzen von Benjamin Geppert, die Blastbeats von Peter Reiter, die schnellen Riffs von Michael Vogt weisen das nur zu deutlich aus. Müsste man sich entscheiden zwischen Schweden und Florida, würde man hier an Florida denken, allerdings in einer brutalitätstechnisch abgespeckten Form. OK, "Silent Assasin" mit seinen Rhythmuskinkerlitzchen und dem etwas schrägen Uptempo-Leitriff könnte in dieser Form auch auf einer weniger technischen B-Side von Cannibal Corpses "The Bleeding"-Scheibe landen, aber ansonsten ist der Death Metal von Hokum zu gemäßigt (wenngleich energisch), zu straight und fällt zu oft in treibendes Midtempo. Da gibt es dann auch mal ganz traditionelle Heavy Metal-Riffs (und Soli) zu hören, wie im Höhepunkt des Albums, dem rhythmisch akzentuierten Headbanger "The God Within" oder wie im semiballadesken "The Loving Father", das in den akustischen Strophen wie eine Metallica-Ballade klingt, wozu auch der gute, aber nur hier auftretende Klargesang von Geppert seinen Teil beiträgt. Das schwebende Solo ist übrigens exzellent; einzigartig für dieses Metier auch die ebenso flinken wie melodischen, darin Iron Maiden-artigen Bassläufe an manchen Stellen, etwa schon im knüppelig-forschen Albumopener "Manticore" oder dem insgesamt etwas zu langen und zu instrumentallastigen Old School'er "Face The End". Fehlt nur noch der Nackenbrecher "The Beloved Ones" am Ende, der mit feisten Slayer-Tributparts im Riffing überrascht. Auch hier überzeugt das fixe Solo von Leadgitarrist Michael Vogl, wie spieltechnisch überhaupt der vergleichsweise jungen Band keinerlei Vorwürfe zu machen sind.
Was gibt's noch? Texte. Da wäre dreimal ("Manticore", "Silent Assasin", "Face The End") die typisch apokalyptische Soße, die in der Szene so üblich ist, einmal davon immerhin mit dem deutlichen Appell zur Umkehr ("Manticore"). "The God Within" besticht durch seine Ambiguität: Einmal als Aufforderung, den Kopf oben zu behalten, wenn die Kloake bis zum Hals steht, einmal als Ankündigung, dass der Fall in dieselbe nichtsdestotrotz unvermeidlich bleiben wird. Ein seltsames Gefühl hinterlässt das Zwillingspaar "The Loving Father/The Beloved Ones": Die anschauliche Schilderung einer Vergewaltigung eines Mädchens durch seinen Vater und die anschließende Geburt des "Bastards" (also Inzestkindes) kommt mir etwas zu kommentarlos daher, auch wenn ich den Musikern den Grips zutraue, so etwas sowohl realiter als auch als Textinhalt eigentlich ganz und gar nicht toll zu finden.
Insgesamt ein toller Zweitling (die erste Demo-CD, "First Blood", erschien 2005) einer bemerkenswerten Band, die sicherlich ihren Weg finden wird. Zwei Schlussanmerkungen für die Zukunft: Erstens lassen es die technischen Fähigkeiten der Musiker ja durchaus zu, dass die Songs auch eine Spur komplexer ausfallen, was das Endergebnis noch interessanter machen würde. Zweitens wäre ein richtiges Longplay-Album beim nächsten Mal angebracht ("No Escape" dauert knapp 28 min), weil die Musik von Hokum dafür abwechslungsreich genug ist. Gratulation zuletzt an die gelungene, transparente und harte Produktion.
Kontakt: www.hokum.de

Tracklist:
1. Manticore
2. Silent Assasins
3. Face The End
4. The God Within
5. The Loving Father
6. The Beloved Ones



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