www.Crossover-agm.de GREEN CARNATION: Journey To The End Of The Night
von rls

GREEN CARNATION: Journey To The End Of The Night   (Prophecy Productions)

Als Mixtur aus Candlemass und Pink Floyd wurde die Musik dieses norwegischen Fünfers angekündigt, und da steckt auch ein gewisser Teil Wahrheit drin, denn wenn man beide Bands in einen Kochtopf würfe, längere Zeit durchziehen ließe und anschließend abgösse, würde die Brühe wahrscheinlich ähnlich schmecken wie das Gebräu Green Carnations. Allerdings ist ein anderer Vergleich noch viel stichhaltiger: So hätte der Nachfolger zu The 3rd And The Mortals Meisterwerk "Tears Laid In Earth" klingen können, wenn die sich entschlossen hätten, eine Männer- sowie noch mehr Frauenstimmen zu integrieren und die Stärken ihrer drei Gitarristen etwas stärker auszuspielen, anstatt in psychedelischere Gefilde abzudriften. Wie The 3rd And The Mortal lassen sich auch Green Carnation beim Malen ihrer Songlandschaften sehr viel Zeit - mit gerade mal einem zweieinhalbminütigen Intro und vier regulären Songs kommt "Journey To The End Of The Night" auf 70 Minuten Spielzeit, wobei der finale 20minütige Titeltrack noch einmal in vier Parts untergliedert wurde. Im Endeffekt ist die komplette Platte ein Klagelied auf Bandkopf Tchorts Tochter, die aus im Booklet nicht aufgeführter Ursache im Alter von fünf Jahren starb. Die Lyrics sind denn auch ein Paradebeispiel für die eigentümliche Mixtur aus Trauer und Wut, die einen im religiösen Sinne hoffnungslosen Menschen in solch einer Situation zu beschleichen pflegt. Die Nacht endet somit auch nicht für den hiergebliebenen Protagonisten, sondern lediglich für die Seele, den Geist der Tochter, welcher der Protagonist auf ihrer langen Reise zum Ende der Nacht viel Glück wünscht. Zweifler mögen Tchort vorwerfen, daß er sich ein bißchen in Selbstmitleid zu suhlen scheint, anstatt die finale Entscheidung von wem auch immer zu akzeptieren, aber dem steht die Schönheit vieler Harmonien und Melodiebögen entgegen, die nicht nur die Erinnerung an das Kind zurückruft, sondern auch das Ende der Nacht etwas vorwegnimmt, auf den Morgen blickt. Da steht dann Vibeke Stene auf einer Wiese, wo Tautropfen im Licht der aufgehenden Sonne glitzern, erzeugt Bildnisse im Stile eines "White bewinged angel of light, tempts me to change my life ... longing eyes, she stares through my soul and mind" und zwingt damit schon mal jeden Tristania-Anhänger zum Erwerb dieser Platte, obwohl sie nur auf zwei Songs zu hören ist. Über weite Strecken regiert eine träumerische, auch romantische Atmosphäre, obwohl harte doommetallische Parts die reinen schweberischen Passagen zahlenmäßig klar übertreffen. Ab "Under Eternal Stars" schluchzt dann phasenweise auch noch die Violine mit, auf deren Einsatz man eigentlich schon eher gewartet hat.
Summa summarum eine Platte für einen Winterabend zu zweit auf einem Bärenfell vorm knisternden Kamin und bei einer Flasche Rotwein. Kuschelmetal sozusagen.
 





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