www.Crossover-agm.de G6PD: Grandmurder
von rls

G6PD: Grandmurder   (Day One Records)

Nach zwei EPs, deren zweite mittels eines siebeneinhalbminütigen Bonustracks allerdings auf über 40 Minuten Länge gehievt wurde, haben es G6PD endlich zu einem "richtigen" Longplayer gebracht, der, obwohl mittlerweile fünfeinhalb Jahre vor dem Rezensionszeitpunkt erschienen, immer noch das aktuellste Tonzeugnis der von der Encyclopedia Metallum nach wie vor als aktiv eingestuften Band darstellt. Dahinter können natürlich mancherlei Ursachen stecken, über die man in Mitteleuropa eher schlecht informiert ist - G6PD kommen nämlich aus Thailand, was wiederum die Möglichkeit offenläßt, daß die lange instabile politische Lage im Land auch ihre Arbeit behindert hat. Konzentrieren wir uns also in der Betrachtung auf den vorliegenden 2007er Longplayer, der dieser Bezeichnung übrigens volumenseitig mehr als gerecht wird: Die 13 Songs dauern summiert knapp 70 Minuten, und allein sechs von ihnen bringen es auf eine Spielzeit von mehr als sechs Minuten, darunter der Opener "Mai Wha Glai Nae Nhai" sowie alle drei Closer "Disaster Gets Born", "Geisha" und "Echo". Das kann Vor- wie Nachteil sein, bisweilen auch beides, und letztgenannte Option trifft im vorliegenden Fall zu. Einerseits limitieren G6PD ihre Stücke nämlich nicht auf knappe Miniaturen und präsentieren sich durchaus spielfreudig, andererseits unterliegen aber auch sie der alten Metalcorekrankheit, alle zur Verfügung stehenden Stilelemente in ein und demselben Song unterbringen zu wollen und dadurch einer gewissen Austauschbarkeit Tür und Tor zu öffnen. Hinzu kommt die erwähnte enorme Länge der CD, so daß der Hörer irgendwann zu ermüden droht, wenn er feststellt, daß sich Song 10 prinzipiell kaum von Song 6 und der wiederum nur bedingt von Song 3 unterscheidet. Ferner wird dem mitteleuropäischen Hörer die Abgrenzungsmöglichkeit anhand der Texte, die dem thailändischen Hörer gegeben ist, kaum zur Verfügung stehen, wenn er eben nicht zufällig die einheimische Sprache spricht und auch die zugehörigen Schriftzeichen lesen kann. Zehn der Songs halten G6PD im heimatlichen Idiom (darunter auch "War Begin", "Geisha" und "Echo", obwohl diese englischsprachige Songtitel aufweisen), drei betexten sie in Englisch, und die Thankslisten und alle anderen strukturellen Infos lassen sich ohne Sprach- und Schriftkenntnisse gleichfalls nicht entschlüsseln. Also ist der gemeine mitteleuropäische Hörer darauf angewiesen, allein den musikalischen Eindruck sprechen zu lassen. Der ist rein technisch gesehen erstmal nicht schlecht: Das Quartett ist musikalisch durchaus fit, auch der Tontechniker hat einen guten Job erledigt - die 69 Minuten können mit zeitgenössischen "westlichen" Produktionen des Genres durchaus mithalten. Selbiges Genre benennt die Encyclopedia Metallum übrigens mit "Metalcore/Melodic Death Metal", wobei der erstgenannte Teil die Oberhand gewinnt - zwar reihen G6PD nicht einen Breakdown an den nächsten, aber die Hardcorekomponente ist doch recht deutlich durchhörbar, nicht zuletzt auch im heiseren Geschrei von Pisitpong Chantashaya, der allerdings auch recht guten und für Thai-Verhältnisse erstaunlich wenig ins Melancholisch-Nasale abdriftenden Klargesang beherrscht. Wie er ansatzlos im ersten Teil von "Disaster Gets Born" von appellierendem Klargesang innerhalb einer Zeile zu wildem Gekreisch wechselt, ohne hörbar Luft zu holen, das soll ihm in der Form erstmal jemand nachmachen. Mit Toranid Keratipal haben G6PD nur einen Gitarristen in der Band, und das scheint auch Dauerzustand zu sein - jedenfalls legt das Thai-Quartett seine Songs deutlich auf nur eine Gitarre aus und verzichtet auf die melodicdeathtypische Zutat doppelläufiger Leadgitarren weitestgehend. Auch die Rhythmusgruppe erledigt einen tadelsfreien Job - die hohe Tempowechseldichte ist wie erwähnt Geschmackssache, behindert allerdings die Entfaltung der einzelnen songwriterischen Ideen, von denen es durchaus viele gibt, die aber trotz der erwähnten hohen Song-Durchschnittslänge wenig Raum zur Entwicklung bekommen, bevor sie von der nächsten Idee abgelöst werden. Diese Neigung zur kleinteiligen Stückelung beginnt sich erst gegen Ende der Platte etwas abzuschwächen: Schon das viereinhalbminütige "Chun Tang Aork Pai" zieht weitgehend eine Grundidee durch, "Till We're Satisfied" bekommt durch die "Hey-hey"-Shouts eine Art gemeinschaftsstiftendes Gefühl, und in den hinteren drei Sechsminütern beginnen G6PD hier und da mit epischen Elementen, etwas mehr Leadgitarren und gar hardrockigen Anklängen zu spielen. Auch in den ersten Songs beginnt man zwar nach etlichen Durchläufen gute Ideen und ebensolche Umsetzungen zu diagnostizieren, aber der diesbezüglichen Analysearbeit wird sich wohl im wesentlichen nur der spezialisierte Genrefreund unterziehen wollen. Wer das tut, könnte je nach persönlicher musikalischer Prägung aber durchaus reich belohnt werden, und außerdem hat man mit "Grandmurder" eine CD in der Sammlung, die in Mitteleuropa kaum jemand sonst besitzen dürfte (das Exemplar des Rezensenten hat Kollege CSB bei einem Thailandurlaub eingekauft - danke nochmal!). Wer sich eindecken möchte, kann aber auch mal nachschauen, ob www.ethaicd.com das Teil im Sortiment hat.
Kontakt: www.myspace.com/g6pd, www.dayone-records.com

Tracklist:
1. Mai Wha Glai Nae Nhai
2. Sood Tai Tur Kor Pai
3. I War Begin
4. II Dai Kae Moang
5. III Waylar Sood Tai
6. The Murderer And I
7. Geb Aow Wai
8. Soon Salai
9. Chun Tang Aork Pai
10. Till We're Satisfied
11. Disaster Gets Born
12. Geisha
13. Echo



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