www.Crossover-agm.de EPICENTRO: Senza scuorno, senza paura / ‘a fine d’a streppegna
von kb

EPICENTRO: Senza scuorno, senza paura  EPICENTRO: ‘a fine d’a streppegna   (Eigenproduktion)

Bei der Musik dieser italienischen Formation habe ich mehrere Verständnisprobleme: Zum Einen ist es mit meinem Italienisch nicht weit her, zum Anderen bin ich mit der Musikrichtung so wenig vertraut, dass ich interessierten Lesern kaum Vergleiche bieten kann. Ersteres Problem wird dadurch scheinbar gelöst, dass es sich um fast reine Instrumentalmusik handelt. Allerdings mit tieferem Inhalt, haben wir es doch hier mit zwei Konzeptalben zu tun, auch noch in Fortsetzung. Held der Handlung ist Pulcinello, der - ganz grob verglichen - Kasper, Schelm oder Kobold in der neapolitanischen Tradition. Der Schelm, der hier für die Tradition steht, für das Leben, Tanzen, Feiern, Musizieren miteinander, wurde hinter Schloss und Riegel gesetzt und bricht aus; in Freiheit ergeht es ihm aber kaum besser, da er im modernen Leben mit TV, Radio und brausendem Verkehr nur Chaos sehen kann, in dem für ihn kein Platz ist. Von denen, die dieses Chaos bewusst anzetteln, wird er schließlich als Unruhestifter vor Gericht gestellt. Soviel entnehme ich dem freundlicherweise in Englisch verfassten Begleitbrief der Kollegen. Die Musik zu dieser sperrigen Geschichte wird ebenso sperrig geliefert von zwei (plus Gast) studierten Musikern (Giacomo Chiavatta, Carmine Vesuvio) mit diversen Instrumenten (Drums & Percussion, Kontrabass, E-Bass, E- und Konzertgitarren, Synthi und Stimme).
Mit der zweiten CD kann ich persönlich mehr anfangen, weil die Klangcollagen deutlicher auf den Inhalt verweisen und tatsächlich auch traditionell anmutende Passagen eingefügt sind. Dadurch wird die Sache für mich interessanter. Ansonsten handelt es sich um eine wilde Mischung aus Metal mit typischen jeweils viermal und später nochmals und nochmals und noch später nochmals wiederholten Gitarrenriffs und Doppelfuß, ein bissel Hardrock (Deep Purple lassen grüßen), jazzigen Passagen und so einer Art Artrock, der sich dank ständiger Tempo- und Taktwechsel am ehesten noch mit Jethro Tulls 74er Konzeptalbum "Thick As A Brick" vergleichen lässt (und wer dieses nicht kennt und jetzt an den typischen Tull-Sound denkt: Vergessen Sie’s!). Die Aufnahmen wurden offenbar im eigenen Garagenstudio eingespielt; das erklärt, warum die Aufnahmen zwar gut anhörbar, aber nach meinem Geschmack nicht optimal sind (die Drums sind zum Beispiel ein wenig schwach auf der Brust - äh, auf’m Fuß, wollte ich sagen).
Jaa, und falls sich nun jemand dafür interessieren sollte, dann sei gesagt: Falls manfrau nicht gerade Rezensionen schreibt oder ähnlich wichtigen Tätigkeiten bei Presse, Funk und Fernsehen nachgeht, dann wird mensch kaum in den Besitz dieser Silberlinge kommen. Dennoch können alle, die sperrige Musik im Endlosformat (Titel um die 7 bis 11 Minuten sind keine Seltenheit) mögen, zu der man weder die Haare schwenken, mitsingen, mitklatschen, noch Tarantella tanzen kann, oder die ein Interesse an Italien jenseits der Pizzabude haben, die innovative musikalische Gemeinschaft im Internet besuchen oder sonstwie Kontakt aufnehmen. Vielleicht gibt’s ja doch mal was zu kaufen.
EPICENTRO c/o Giacomo Ciavatta, via Epomeo no. 180, 80126 Napoli, Italien. Email: epicentro@tiscalinet.it, Home: www.egs41.it




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