www.Crossover-agm.de THE ELECTRICS: Reel, Folk'n'Rock'n'Roll
von kb

THE ELECTRICS: Reel, Folk'n'Rock'n'Roll   (PGF Media, PGD 1050)

Es beginnt viel versprechend mit einem rasanten Rockgitarrenriff, doch dann übernimmt der böse Drummer - das richtige Tempo ist Eins-Zwei - und treibt das Ganze im Verbund mit den Kollegen an Fiddle, Gitarren, Bass und Gesang in die Speedfolk-Humppapolka-Ecke. Das wird auch im zweiten Titel mit zusätzlich Mandoline und Akkordeon anscheinend nicht anders, um nicht zu sagen, besser. Zwar verlangen sich Musiker in dieser Ecke meist tempomäßig Höchstleistungen ab, so dass manfrau dazu herrlich hüpfen und die Haare schütteln kann, dafür bleibt oft genug die Kreativität auf der Strecke, weshalb die Rezensentin - und das ist die schlechte Nachricht - diese Ecke wegen Nichtgefallen meist meidet. Die gute Nachricht ist jedoch, dass sie zunächst hauptsächlich dienstbeflissen, später mit immer mehr Interesse dem Werk der schottisch-irischen Elektrischen lauschte. Denn da gibt es doch einiges zu entdecken. Die Herren um den gebürtigen Iren Sammy Horner (Bassist, Sänger, Songwriter und Produzent für andere) scheuen sich weder, öffentlich aus "Ballroom Blitz" von The Sweet zu zitieren (was schließen lässt, dass sie in den Siebzigern solche Musik hörten, denn das - mein! - Alter haben sie anscheinend, glaubt man den Fotos), noch schämen sie sich, eine Ballade zu singen, die direkt einem Studio in Nashville entstiegen scheint (und nachträglich stellt man fest, dass tatsächlich u.a. auch in Nashville aufgenommen wurde!). Titel 9 ist gar eine Mischung aus T.Rex, Fiddler's Green und einem weiteren Schuss Süßstoff, während 10 mit Ansätzen zu Ambient startet und sich dann zu einem netten Folkrock-Tune in modernem Gewand mit Latin-Percussion ausweitet. Mit 11 werden scheinbar die Pogues zu neuem Leben erweckt und sogleich mit Pedal-Steel-artigen Klängen erschreckt. Bei all diesem Spaß nimmt man erst mal hin, dass da von "love", "devil", "rejoice", "saviour" und "the kingdom of heaven" die Rede ist, hört weder genau hin, noch liest die Texte, denn wenn bei dieser Art Musik vom Teufel die Rede ist, kann es sich ja wohl nur um so eine Art "der Teufel hat den Schnaps gemacht" und Liebe zu schönen Frauen handeln. So kann Schubladendenken in die Irre führen! Man glaubt es kaum, aber mit dieser ansonsten gern im Guinness-Rausch gegrölten Art Musik werden hier tatsächlich geistliche Inhalte transportiert. Da wird, zuweilen auf humorvolle Weise, aber dennoch mit ernster Absicht, vor dem Teufel gewarnt, den man als solchen nicht erkennt, weil er sich hübsch verkleidet, und vom Himmelreich gesungen, das unser sein wird, wenn wir uns manche Dinge gefallen lassen, die uns nicht gefallen. Die besungene Liebe ist die, die jedem Menschen von höherer Stelle zuteil wird, auch wenn er fünf Doppelkinne hat oder sie aussieht, als wäre sie zuerst in einen Farbtopf und dann mit Leim bedeckt in einen Kleiderschrank gefallen; oder auch die Liebe des Sängers für ein Gegenüber, das offenbar keine Frau (und auch kein Mann) ist. Verkündigung und Lobpreis mit hohem Spaß-dabei-Faktor - wenn das nicht kreativ ist!
Kontakt: www.pleitegeier.com

Tracklist:
1. The Finest Fiddler
2. The Grass Is Greener
3. KD's Lament
4. Dennis Goes And Does It
5. Rejoice And Be Happy
6. Someone Loves You Anyway
7. Both Sides Of You
8. Lazarus
9. There You Are
10. Jenny MacDonald's Birthday
11. Lossie By The Sea
12. If I Could Say I Love You




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