(Massacre Records)

Unangenehm genug ist das Thema, aber irgendwann muß sich der Chefredakteur ihm mal stellen und kann es nicht weiter vor sich herschieben: Die Beziehung zwischen Plattenfirmen respektive Promoagenturen und Journalisten ist mitunter nicht ganz so einfach. Einerseits sind beide Seiten aufeinander angewiesen, andererseits gibt es da aber auch immer wieder Problemfälle und Verwerfungen. Der problematischste sind diejenigen schwarzen Schafe unter den "Journalisten", die, sobald sie eine Promo-CD erhalten haben, nichts Besseres zu tun zu haben, als die Songs in ein mp3- oder ähnliches Datenformat zu wandeln und "schwarz" auf irgendwelchen Downloadplattformen einzustellen. Strukturelles Problem dabei ist, daß sie die CDs ja im Regelfall vor dem offiziellen Veröffentlichungstermin bekommen, also noch nicht veröffentlichte Alben bereits im Internet kursieren und dadurch, daß von solchen Downloads kein an der regulären Wertschöpfungskette Beteiligter auch nur einen Cent sieht, sondern im Gegenteil potentielle spätere Käufer abgezogen werden, eine nicht unerhebliche Deckungsbeitragslücke in der Kalkulation entsteht. Nun gibt es verschiedene Methoden, wie man seitens der Labels oder Promoagenturen solche Aktionen zu unterbinden trachtet, ohne gleich den ganzen Journalistenstand zu kriminalisieren (geschätzte 99,5% sind ehrliche Leute, aber das halbe restliche Prozent macht den Problemfall aus, und bei den heutigen Vernetzungsgraden reicht für oben beschriebenes Szenario schon ein einziges schwarzes Schaf aus). Massacre Records haben sich im Falle der neuen Dreamscape-CD "5th Season" leider für den für die ehrlichen 99,5% unangenehmsten Weg entschieden, indem sie die CD mit Voiceovers spickten, die (gefühlt) ungefähr im Minutentakt in die Musik eingeblendet werden und dem Hörer verkünden: "You are listening to a new promotional CD which is property of Massacre Records". Das senkt den Wert der daraus gerippten Dateien natürlich enorm und läßt zudem deren illegalen Charakter deutlich werden (kaum einer wird sich die Mühe machen und die Voiceovers vor dem Dateikonvertieren herausschneiden), hat allerdings den entscheidenden Nachteil, daß man beim intensiven Hören schlicht und einfach wahnsinnig wird. Gerade bei einer Progmetal-CD mittlerer Komplexitätsgrade, wie sie hier im Player liegt, in die man sich tiefer hineinversetzen, förmlich hineinknien oder "hineinlegen" muß, um sie zu begreifen, wirken solche Störungen derart stimmungshemmend, daß man geneigt wäre, einen Verriß zu schreiben, weil ohne das tiefere Verständnis nur noch ein leerer Haufen Noten übrigbleibt. Wenn die Voiceovers dann auch noch in einem schönen balladesken Part stehen, in dem man gerade wegzuschmelzen begonnen hat, bevor einen die Sprechstimme unsanft in die Realität zurückholt (auch sowas kommt hier vor), steht man kurz davor, die CD frustriert aus dem Player zu holen und im hohen Bogen in den Mülleimer zu werfen. Das tut mir leid für die Band, die nichts dafür kann und die ich eigentlich durchaus schätze - aber ich weigere mich, ein Review über eine CD zu schreiben, die ich (wenn auch aus nachvollziehbaren Gründen) nur in verunstalteter Form hören kann, und bei dieser prinzipiellen Haltung ist es letztlich auch egal, ob es sich um eine komplexere Scheibe handelt oder um eine einfacher gestrickte, bei dem man die überblendeten Parts anhand der möglichen Identität mit anderen Parts im Song noch musikalisch zu erahnen versuchen könnte (das zu tun kann nun wirklich nicht Aufgabe des ehrlichen Journalisten sein). Natürlich wird das Problem bestehen bleiben - aber wenn sich alle Seiten an die eigene Nase fassen (ja, auch Plattenfirmen und Promoagenturen - auch dort gibt es schwarze Schafe, die beispielsweise Promo-CDs auf ebay versteigern) und gemäß eines alten biblischen Wortes erstmal den Splitter im eigenen Auge entfernen, bevor sie Maßnahmen gegen den Balken im Auge des Nächsten ergreifen, sollte ein vertrauensvolleres Miteinander (letztlich zum Wohle des Künstlers) möglich sein. So aber wie auf "5th Season" geht's nicht.
Kontakt: www.dreamscape.de

Tracklist:
Fed Up With
Borderline
5th Season
Déjà Vu
Somebody
Phenomenon
Different
Point Zero
Farewell

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