www.Crossover-agm.de DOMAIN: One Million Lightyears From Home
von rls

DOMAIN: One Million Lightyears From Home   (Point Music)

Liebe Plattenfirmen und Promoagenturen! Wenn ihr wollt, daß sich Rezensenten intensiv mit euren Releases auseinandersetzen, dann stattet sie bitte auch mit den entsprechenden Informationen aus. Daß man nicht immer Lyrics bekommt, daran hat man sich ja zähneknirschend fast schon gewöhnt (und bei manchen Bands ist es ja wirklich besser, wenn man die Lyrics nicht liest), und die Tatsache, daß man nicht weiß, wie das Booklet und speziell das Cover gestaltet sind, weil man nur einen relativ nackten Silbertaler vor sich hat, ist zum Leidwesen der die Optik mit in die Gesamtbetrachtung einbeziehenden Fraktion ebenfalls recht weit verbreitet. Daß man aber nicht mal mehr eine Tracklist bekommt, schlägt dem Faß dann so ziemlich den Boden aus. Soll es Spaß machen, anhand der Refrains mühsam erraten zu müssen, um welche Songs es sich denn bei den im Infoblättli speziell hervorgehobenen handelt? Was ist mit den anderen? Wollt ihr gar testen, welcher Rezensent einfach nur das Infoblatt abschreibt, indem ihr dort beispielsweise einen Song aufführt, der dann gar nicht auf der Platte ist? Sieht es in einer Rezension vielleicht gut aus, wenn da steht, daß die Ballade "Song Nr. 5" an Bruce Springsteen erinnert, während der gemäßigt vor sich hin stampfende "Track Nr. 8" aufgrund seines Neandertalerrhythmus den Tiefpunkt der Platte darstellt und sich dann rausstellt, daß die Tracknummern alle nicht stimmen, weil das Intro im Gegensatz zur Programmierung auf der Promo-CD doch kein Extra-Track ist oder aber Song 3 in fünf einzeln programmierte Tracks untergliedert ist? Ich verlange als Rezensent ja keine Gutscheine für den Flug zu einem bestimmten New Yorker Hairstylisten oder den Einkauf von 5 Kästen Bier, um beim Schreiben der Rezi ein authentisches Feeling hervorzurufen. Aber um ein in meinen Augen und Ohren halbwegs rundes Bild einer CD zu erstellen (und es gibt weißgott da draußen genug ehrliche Musikjournalisten, die sich nicht damit begnügen, stereotyp die Anregungen aus dem Promozettel zu übernehmen oder diesen gleich ganz abzutippen), möchte ich gerne möglichst alle eingangs genannten Informationen zur Verfügung haben, um diese dann bedarfsgemäß einsetzen zu können. Sicherlich ist es auch möglich, einfach nur von der Musik her was zu schreiben, aber dabei kommt eben eine "Teilrezension" raus, deren Tiefgang sich nur durch streng musikwissenschaftliches Analysieren der Songs erweitern ließe, was dann wieder die Rezension für Ottonormalleser bzw. -hörer uninteressant macht, da er nach einem Viertel des Textes mehr oder weniger wohlig in Morpheus' Armen ruht.
Um nun endlich mal zu Domain zu kommen: Die sind älteren Lesern vielleicht noch von ihren vier Platten Ende der Achtziger/Anfang der Neunziger bekannt. Selbige ernteten seinerzeit viel Lob, zogen indes allesamt ungehört an mir vorbei, so daß "One Million Lightyears From Home" meine erste akustische Begegnung mit dem neubesetzten Fünfer (von der alten Mannschaft ist nur noch Chefdenker/Gitarrist Axel Ritt dabei) darstellt. Das Material wandert einmal von Melodic Rock zu Melodic Metal und wieder zurück, dabei von der Halbballade über den Midtempogeradeausrocker bis zum mitreißenden Speedie alle Facetten abdeckend und auch die beliebten klassischen Einsprengsel nicht vergessend, wobei hier mal wieder Rimski-Korsakows "Hummelflug" dran glauben mußte, der in aller Kürze und technisch recht sauber runtergehobelt wird. Apropos Klassik: Neu-Sänger Carsten Schulz soll eine "klassisch geschulte Stimme" haben - davon hört man allerdings nix, auch wenn er in der Tat etwas sauberer singt als viele seiner eher reibeisenartige Stimmbänder mit sich herumtragenden Kollegen. Wenn's die Scheibe noch auf LP gäbe, stünden die beiden schnellsten Songs wahrscheinlich jeweils am Seitenanfang, wohingegen die Folgetracks eher gemäßigtes Terrain beschreiten, was böse Zungen als Etikettenschwindel betrachten würden, die eher auf den immer noch boomenden Melodic Speed fixierte Fanklientel nach einem kurzen Reinhören in den Opener zum Spontankauf verleiten sollend. Aber so weit wollen wir dann mal doch nicht gehen. Druckvoll, wie's im Infoblatt steht, ist die Produktion tatsächlich, leider aber auch streckenweise, besonders in den eher bombastischeren Passagen, verwaschen. Ein Kontingent schöner, noch nicht restlos ausgelutschter Melodien und Harmonien macht das aber locker wieder wett. Vor allem das am Schluß auftauchende, an die weitgehend unterschätzte Großtat "There Has To Be Another Way" von Michael Schenker erinnernde Instrumental (wie gesagt: Namen sind Schall und Rauch) punktet in sehr hohen Regionen. Die Gitarre agiert selbst in den arpeggioartigen Passagen noch melodisch und gefühlvoll, und die Drums zerhacken die Atmosphäre, die die Keyboards aufbauen, nicht. Damit endet eine Platte, die für Domain durchaus den Einstieg in eine erfolgreiche neue Schaffensperiode einleiten könnte.






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