www.Crossover-agm.de DISBELIEF: Protecting Hell
von ta

DISBELIEF: Protecting Hell   (Massacre Records)

Die Death Metal/Postcore-Giganten Disbelief gehören bereits seit Jahren zu den besten Pferden im Stall von Massacre (wenn man das - gleichwohl qualitätvolle - Nuclear Blast-Intermezzo "66Sick" mal außen vor lässt). Mit "Protecting Hell" schreiten sie den durch "66Sick" und das exzellente "Navigator" eingeschlagenen Weg unbeirrt fort. Diese Konsequenz könnte manchen Fans der "Worst Enemy"/"Shine"-Phase das Verdauen des neuen Brockens etwas erschweren. Gleich der Opener "A Place To Hide" kommt in den ersten zweieinhalb Minuten ganz ohne das Disbelief-typische, leicht disharmonische Melodieschrammelriffing aus und präsentiert harte Stakkati und schwere, moderne, tiefgestimmte Grooves, die sich bei Disbelief in den letzten 5 Jahren immer weiter in den Vordergrund gedrängelt haben, vor eben diesen 5 Jahren sicher noch "New Metal" genannt worden wären und dann auch in anderen Songs (etwa "Nemesis Rising", "The Return Of Sin" und "Room 309 (Kraftprinzip)") wiederkehren. Jaggers Stimme, die ab dem "Spreading The Rage"-Output von 2003 immer etwas mehr in die Tiefe gegangen ist, kehrt auch auf "Protected Hell" nicht permanent zu verzweifeltem Gebrüll a la "Worst Enemy" zurück, aber doch noch oft genug, damit man sich als Disbelief-Jünger ganz zuhause fühlen und in seinen Wunden baden kann. Gleichzeitig präsentiert sich der Sänger abwechslungsreicher denn je, wie etwa "Hate/Aggression Schedule" mit seinem Mix aus, öhm, Bellen, Grunzen und Schreien zeigt, zuletzt auch rhythmischer: Mitgröhlkompatible Shouts wie am Ende der Slo Mo-Walze "The Return Of Sin" kannte ich von Disbelief jedenfalls noch nicht.
Was gibt es sonst noch zu erzählen? Der übliche Ausbüchser in höhere Temporegionen ist auch diesmal zu finden ("Hell Goes On"), ansonsten regiert wuchtiges Midtempo, angeführt von den gewohnt auf Groove ausgelegten Taktschlägen von Kai Bergerin. Und die echten Höhepunkte des Albums finden sich sämtlich in der zweiten Hälfte: "One Nation's Son" ist eine Gitarrenwand voller Details, "The Dark Soundscapes" dürfte einer der abwechslungsreichsten Disbelief-Songs ever sein und liebäugelt streckenweise mit Prog-Einflüssen und "Demon's Entry" ist ein kleines Epos, abwechslungsreich, dynamisch, einfach gut.
Stichwort "Abwechslung": Disbelief werden nie wieder einen in seiner Einfachheit genialen Song wie "Misery" (von "Worst Enemy", 2001) oder "Alive" (von "Shine", 2002) schreiben. Sie haben nach 2002 einige Einzelelemente ihres außergewöhnlichen, intensiven Sounds nach dem Mehr-ist-mehr-Prinzip peu a peu ausgebaut: Mehr Druck, mehr Bässe, mehr abgestumpfte Anschläge, mehr Riffs pro Song, mehr Dynamik, mehr Abwechslung. Das soundmalerische, etwas schrammelige Element von damals haben sie inzwischen weitestgehend verloren, es tauscht nur noch bruchstückhaft auf (bspw. im Albumintro "Hell"). Mehr Metal und weniger Postcore sozusagen, wozu auch die klare Produktion passt. Diese Entwicklung auf die Umbesetzung des Gitarrenpostens zu schieben wäre verfehlt, da sie über Jahre stattgefunden hat. Insofern ist "Protecting Hell" die eingangs dieser Rezension erwähnte nahtlose stilistische Weiterführung von "Navigator", ist, was Abwechslung betrifft, auf einem vergleichbaren Niveau angesiedelt, kann allerdings dessen emotionalen Reichtum und Intensität m.E. nicht halten. Die Groove-Songs dominieren, die balladesken Passagen (soweit man bei Disbelief von solchen sprechen kann) entwickeln nicht die Tiefe des Vorgängers und die Brutalo-Ausbrüche sind nicht ganz so brutal wie möglich und bereits früher gezeigt. "Protecting Hell" ist natürlich dennoch weit entfernt davon, halbgar rüberzukommen, sondern ein weiteres Qualitätswerk aus dem Hause Disbelief. Es wäre halt nur noch etwas mehr drin gewesen.
Kontakt: www.disbelief.de, www.massacre-records.com

Tracklist:
1. Hell (Intro)
2. A Place To Hide
3. Hate/Aggression Schedule
4. Nemesis Rising
5. The Return Of Sin
6. Hell Goes On
7. S.O.S. - Sense Of Sight
8. One Nation's Son
9. Trauma (Instrumental)
10. The Dark Soundscapes
11. Room 309 (Kraftprinzip)
12. Demon's Entry
 




www.Crossover-agm.de
© by CrossOver