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von ta

DEKADENT: The Deliverance Of The Fall   (Pentacle Music)

Dekadent aus Slowenien, das ist ein sehr ambitioniertes Projekt, ganz ohne Zweifel. "Manifestation Of Seasonal Bleeding", der Vorgänger des hier vorliegenden Albums, eine reine Ego-Tour von Sänger Artur Felicijan, zeigte das bereits: Eine Synthieburg irgendwo zwischen Ambient und Black Metal. Außergewöhnlich auf jeden Fall. Nur leider nicht gut, ganz und gar nicht. Stattdessen kitschig, langatmig und billig. Und es tut mir wirklich leid, das sagen zu müssen, aber auf "The Deliverance Of The Fall" trifft das ohne Abstriche auch zu. Anno 2007 komponiert Felicijan einen Kleister aus Gothic Metal, Synthie-Flächen und Black Metal-Versatzstücken, der zu 90% vor allem eins ist, nämlich unerträglich langweilig. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen sind die Sounds immer dieselben, ewig wabernde Streicherflächen, ab und an ein paar künstliche Bläser, in den besten Momenten, wie im "Prolog" des Albums "Legates Of Blackness" und in "Covet Of Encounter", gibt es ein warmes Cello zu hören, allerdings ist dieses Instrument insgesamt extrem rar. Zum zweiten - und das ist das Hauptproblem dieses Albums - gibt es keine Songs. Das ganze Album hört sich an wie ein einziges, ellenlanges und über weite Strecken völlig nichtssagendes Intro. Ich weise in dem Zusammenhang mal auf zwei Indizien hin: Erstens. Wenn das erste Mal der typisch schwarzmetallische Kreischgesang einsetzt, sind wir schon bei Track Nummer vier, "A Cry Of Revolt", angelangt, beinahe dem einzigen Klangkonstrukt dieses Albums, das die Bezeichnung "Lied" noch verdient. Zweitens. Mehr als die Hälfte der Songs kommt gänzlich ohne Gesang und liedähnliche Strukturen aus. Stattdessen gibt es, wie bspw. in "Path Of Lamentation", einen Akkordwechsel, der einfach zwanzigmal wiederholt und um immer mehr Synthies aufgestockt wird, aber bereits nach der dritten Wiederholung seine ganze nichtvorhandene Würze offenbart, weil er irgendwo zwischen Düsternis und Romantik im Niemandsland hängengeblieben ist und nur noch seine Kitschigkeit ins Auge sticht. Leider ist dieser Akkordwechsel das Leitthema des Albums und wird auch in anderen Songs, bspw. dem "Epilogue" plattgewalzt.
Dabei gelingt es Dekadent sogar gelegentlich, interessante Spielereien mit Tonarten unterzubringen, die eigentlich für Black Metal typisch sind. Man höre sich nur den Tonartwechsel in "A Cry ...", min 2:14, an, mit diesem hervorbrechenden Gitarrenlead, oder das einigermaßen mitreißende Thema ab min 4:38. Ja, sowas müsste sich durch das Album ziehen! Nur leider werden diese guten Ansätze schon im Keim, nämlich noch im selben Song, durch pathetisch rausgeklotzte Semi-Black-Metal-Eskapaden wieder kaputt gemacht: Das hundslangweilige Thema in der 3. Minute klingt wie eine B-Side von Dimmu Borgir zu "Enthrone Darkness Triumphant"-Zeiten und wird auch technisch so lausig dargeboten, dass es ans Peinliche grenzt. Besonders die untighten Blasts bedürfen dringend einer Überarbeitung. Dasselbe Problem taucht u.a. in "Breaking The Wall" noch einmal auf. Die Band, bzw. Mastermind Artur Felicijan, schießt einfach beständig übers Ziel hinaus: Man will zuviel und kann zuwenig. Mit anderen Worten, "The Deliverance Of The Fall" ist nicht einfach ambitioniert, sondern überambitioniert.
Das Problem zeigt sich auch auf anderen Ebenen. Den Texten des Albums liegt ein Konzept zugrunde. Die Story: Ein Mann erleidet einen starken Verlust durch den Tod seiner Geliebten, wird zornig und muss sich mit seinen tiefsten Ängsten auseinandersetzen. Soweit, so nichtssagend. Wie man so was gut umsetzt, lässt sich u.a. an Nevermores Geniestück "Dreaming Neon Black" nachvollziehen. Wie man es schlecht macht, hier: Ein einziges Durcheinanderwürfeln von Worten des semantischen Feldes, das durch - sagen wir - "no hope", "I bear", "misery" und eben "deliverance" eingegrenzt wird, so, dass die syntaktischen Konstruktionen der englischen Grammatik halt noch genügen, aber sonst nix rüberkommt. "Bring Me Down/ Down To The Ground/ There Is A Kingdom I Have Found/ Within The Soil, In This Turmoil/ To Kill The Creed/ To Make Me Free" - wie soll ich sowas Ernst nehmen? Inhalt: Nope. Stil: Pathetisch, primitiv, überholt. Fazit: Zum Gähnen langweilig.
Die letzte Ebene macht "The Deliverance ..." exklusiv, wenngleich die Langeweile bleibt. Dem Album beigefügt ist eine DVD, auf welcher das komplette Album visualisiert wurde. Ein echter Gothic/Black/Kleister-Film also! Die Bildqualität ist sehr gut, die Animationen schwanken zwischen sehr gut und peinlich (besonders das Feuer hätte man besser weggelassen, das sieht aus wie aus einem Manga), der Ton ist das Album. Konzeptuell verfolgt der Film die Story des Albums in ihrer spartanischen Art: Man sieht entweder Naturaufnahmen - einen Winterwald und Berge - oder Felicijan, wie er abwechselnd böse und verzweifelt guckt. Mittendrin hält er noch eine Frau an der Hand und zerhaut ein Kreuz auf den Felsen. Eine perfekte Mixtur sozusagen aus den breitgelatschtesten Klischees der beiden Sparten, die hier auch musikalisch bedient werden. Der beste Moment des Films ist passenderweise identisch mit dem besten des Albums: Der sog. Prolog "Legates Of Blackness", zu dem eine sich vergrößernde Schar Vögel zu sehen ist, die parallel zu einer langen, verschneiten Schlucht am Saum eines Berges entlanggleiten. Da kommt richtig Atmosphäre auf und man fragt sich einmal mehr, warum nicht das ganze Package so gelungen ist.
Kontakt: www.dekadent.si, www.pentaclemusic.com

Tracklist:
1. Legates Of Blackness (Prologue)
2. Path Of Lamentation
3. Last Valediction
4. A Cry Of Revolt
5. Covet The Encounter
6. Breaking The Wall
7. The Hand Of Truth
8. Call Of Deliverance
9. Epilogue
10. The Renaissance Of Purity (Bonus)



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