www.Crossover-agm.de CENSUS OF HALLUCINATIONS: Coming Of The Unicorn
von rls

CENSUS OF HALLUCINATIONS: Coming Of The Unicorn   (Stone Premonitions)

Nach einigen Jahren, in denen seine musikalische Aktivität anderen Bandprojekten der Stone-Premonitions-Familie gehörte, hat Tim Jones die veröffentlichungsaktivste Band dieses Kreises, Census Of Hallucinations, wiederbelebt, die in besagter Zwischenzeit lediglich mit der Doppel-Best-Of "Anthology (1999-2009)" aktiv Aufmerksamkeit erheischen konnten. Seit 2013 erscheinen wieder regelmäßig Census-Alben, und das erste von selbigen hört auf den Titel "Coming Of The Unicorn", wobei selbiges Fabelwesen auf dem Cover auch gleich aus einem zentralen Kreiselement herausspringt, das an eine Art Landschaft mit verschneiten Bergen vor einer Mixtur aus einem Handball, einem Sonnenuntergang und einer atomaren Explosion, die allerdings mit dem Mitteln klassischer Kirchenfensterverglasung umgesetzt wurde, erinnert. Witzigerweise sieht man auf dem Backcover die gleiche Szenerie quasi von hinten, wobei das Einhorn hier allerdings nur als Silhouette fungiert und seine Fläche von einem blauen Himmel mit weißen Schönwetterwölkchen in realistischer Darstellung, also nicht künstlerisch verfremdet, eingenommen wird. Über die philosophischen Hintergründe dieser Konstellation darf sich der Hörer jetzt also seine Gedanken machen, zumal ihm der auf der CD fünftplazierte Titeltrack nicht mit etwaigen textlichen Deutungsmustern hilft - die Vokaleinwürfe dort beschränken sich auf die Erkenntnis "I can feel the unicorn is coming". Bis dahin hat man allerdings auch bereits festgestellt, daß sich die "neuen" Census Of Hallucinations nur in Nuancen von den "alten" unterscheiden, obwohl Jones einen neuen zentralen Mitstreiter an seiner Seite hat, nämlich Gitarrist und Bassist John Simms. Möglicherweise ist der für die gelegentlichen härteren Einwürfe zuständig, etwa im relativ wilden, allerdings nur anderthalbminütigen Interludiumscharakter aufweisenden "Electroid" oder in "Stars" (keine Coverversion von Dios Benefizlied, ebensowenig wie der dem dramatischen Intro "Something That Affects All People" folgende Opener "Only Time Will Tell" eine von Asia wäre), wo der kurze harte Ausbruch allerdings wirkungsvoll mit dem celloartigen Grundgerüst und den diversen zurückgenommenen Passagen kontrastiert, in denen man wiederum das für Jones so typische Gitarrenspiel vernimmt. Bisweilen sind ziemlich stark verzerrte Gitarren zu vernehmen, beispielsweise gleich im Intro des folgenden "Miracles", einem Song, der mit einer Art Sprechgesang auch noch ein relativ ungewöhnliches Element in den Klangkosmos einführt. Census Of Hallucinations halten den Anteil an Gesangsparts insgesamt allerdings wieder relativ niedrig, so daß das Kuriosum entsteht, daß der eingängigste, sozusagen "hitverdächtigste" Track nicht etwa einer der Gesangstitel, sondern das Melodic-Rock-Instrumental "Put The Head On" geworden ist. Aber daß Jones mit seiner Gitarre förmlich Bilder zu malen versteht, das weiß der geneigte Census-Fan ja schon lange, und auch wenn sich das zweite Intro von "Crystal Spheres Of Light" trotz der bekannten Tonfolge nicht zu einer Coverversion von Richard Strauss' "Also sprach Zarathustra" entwickelt, so weiß man doch die gefühlvolle Gitarrensprache hier sehr zu schätzen. Interessanterweise entwickelt sich daraus allerdings ein flotter, fast tanzbarer Track, der allerdings hier und da mit einigen fehlenden Snareschlägen überrascht, so daß man genau aufpassen muß, um nicht ungewollt übers Tanzbein zu stolpern. Und die zweistimmigen Leadgitarren nach Minute 4:15 hätte auch jede neuzeitliche Metalband gern übernommen. Irgendwie findet man es schade, daß dieser Track gerade nach einer dramatischen Steigerung nach sechs Minuten endet und in den nächsten Track "UFO Over Penrith" übergeblendet wird, obwohl freilich auch dieser wieder Hörspaß macht, allerdings eher im Psychedelic-Bereich und wieder eher mit interludiumsartigem Charakter, bevor "Love You True" abermals überrascht, nämlich mit relativ eingängigem Poprock, dem zum Quasi-Hit nur eine etwas markantere Refrainstruktur fehlt. So laviert sich das Einhorn abermals zwischen Progrock, Psychedelic und artverwandten Genres hin und her, und auch wenn das Albumtitelprinzip mit der Durchnumerierung diesmal nicht angewendet wird und wie beschrieben durchaus einige seltenere Elemente zum Klingen kommen, so stellen die 50 Minuten doch wieder ein typisches Census-Of-Hallucinations-Album dar, das den Anhängern der Band als willkommenes Wiedersehen bzw. Wiederhören dienen wird.
Kontakt: www.aural-innovations.com/stonepremonitions

Tracklist:
Something That Affects All People
Only Time Will Tell
As Within So Without
Put The Head On
The Unicorn Is Coming
Stars
Miracle
Electroid
Crystal Spheres Of Light
UFO Over Penrith
Love You True
Existential Vertigo
As Within So Without (Slight Return)



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