www.Crossover-agm.de CATAFALQUE: Unique
von rls

CATAFALQUE: Unique   (Poem Productions)

Es gibt ja mittlerweile einige Bands, die recht nahe an den Sound der frühen Tristania herangekommen sind, aber die Türken Catafalque dürften den Abstand zu den Norwegern auf die wohl geringstmögliche Distanz verkleinert haben, die man noch wahren kann, ohne als Kopist gebrandmarkt werden zu müssen. Dabei bringt es das Sextett fertig, gleich im viereinhalbminütigen Opener "The Soothsayer" fast alle Stilistiken, die man auf "Widow's Weeds" kennen- und liebengelernt hat, zu vereinen, und daß der Song auch noch mit dem gleichen Akkord wie "Angellore" beginnt, dürfte da wohl kaum ein Zufall, sondern eher als Wink mit dem Zaunpfahl zu verstehen sein. Einzig Pete Johansens Geige fehlt noch, aber die kommt später in "Lust And Innocence" noch vor, wobei das Booklet nicht verrät, wer sie eingespielt hat - es könnte also auch eine Simulation von Serhan Diren an den Keyboards sein. Das zusätzliche Saiteninstrument in "Bloodia (A Raven In The Night)" wiederum klingt für eine Violine eigentlich zu tief, für ein Cello aber zu hoch - sollte man hier eine Bratsche herangezogen bzw. nachgebildet haben? Orchestral-bombastischer Gothic Metal ist jedenfalls das Metier der türkischen Band auf ihrem bereits 2002/2003 eingespielten Debütalbum, das erst 2005 von Poem Productions herausgebracht wurde und noch einmal das eine oder andere Jahr benötigte, bis es ins Büro des Rezensenten gelangte - mittlerweile ist auch schon der Zweitling "Dialectique" erschienen, aber der hat es bisher nicht hierher ins Büro geschafft. Aber bis dahin kann man sich in zeitloser Manier an den 57:24 hochklassigen Minuten des Debütalbums erfreuen. Wer wissen möchte, worin denn nun die Unterschiede von Catafalque zu Tristania liegen, dem seien im folgenden einige aufgezählt. Erstens lassen sich die Türken auch von anderen Bands inspirieren - wenn man mal das Gesangsarrangement im Intro von "Hallowed Lands" hört, kommen einem unwillkürlich die völlig unterbewerteten Spanier Elbereth in den Sinn, die nach nur einem Album wieder im Dunkel der Geschichte verschwanden, und einen klassischen Doompart wie in "Bloodia (A Raven In The Night)" fand man bei Tristania in dieser Form auch nicht. Zweitens müssen Catafalque für die klaren Gesangslinien keinen zusätzlichen männlichen Sänger einstellen, denn Metehan Mert Cakir beherrscht beides, sowohl mäßig tiefes Gegrummel im Stile eines Nick Holmes zu "Shades Of God"-Zeiten als auch die erwähnten klaren Linien Marke "Angellore"; von den eher leicht kreischigen Lagen eines Morten Veland hält er sich dagegen fern. Drittens singt Özge Özkan meist eine Tonlage tiefer als Vibeke Stene und auch nicht so kräftig; wenn es sein muß, kann sie gar bis in die engelsartigen zerbrechlichen Regionen einer jungen Liv Kristine Espenaes vorstoßen (man höre beispielsweise "Sharper Than A Blade"). Viertens gestaltet Alleingitarrist Arin Baykurt die Gitarrenriffs bei weitem nicht so schneidend wie Veland und Anders Hoyvik Hidle seinerzeit - die Passage um Minute 1:50 in "Bloodia (A Raven In The Night)" markiert die größte diesbezügliche Annäherung. Fünftens haben Catafalque keinen Einzelsong in der gothrockigen Bauweise von "Angellore" geschrieben, sondern fügen Parts dieser Stilistik einzeln in die Songs ein, agieren somit unterm Strich ein wenig abwechslungsreicher als die Norweger. Sechstens schließlich fehlen Catafalque auf diesem Album noch die ganz großen Hits, von denen Tristania neben "Angellore" noch eine ganze Handvoll weitere auf "Widow's Weeds" verewigt hatten - eigentlich ist die ganze Platte ein Hit. Vielleicht kristallisiert sich nach dem 20. Hördurchlauf heraus, daß "Unique" auch aus lauter Hits besteht, aber dann hätte es bis zur Rezension noch länger gedauert. Bleiben wir also bei der Feststellung, daß hier ein erstklassiges Gothic Metal-Album vorliegt, das zudem ein ohne Abstriche das Prädikat "professionell" verdienendes Soundgewand trägt und ein geschmackvoll in erdigen Farben gestaltetes Booklet beinhaltet. Wer der lateinischen Sprache mächtig ist, kann sich zudem noch daran machen, die in dieser Sprache gehaltenen Zitate im Booklet zu übersetzen; Gesangssprache Catafalques ist allerdings durchgehend Englisch. Die Texte schreibt übrigens Schlagzeuger Gökhan Diren, der im Booklet auch mit dem Spitznamen "GOD" genannt wird und in seiner Dankesliste tatsächlich den Allmächtigen an erster Stelle stehen hat. Die restlichen Credits und Danksagungen sind allerdings in türkischer Sprache formuliert und damit für Nichtsprecher derselben unzugänglich. Das Songwriting wiederum teilen sich der Gitarrist, der Keyboarder und der Bassist, und sie schaffen es, daß "Unique" trotz aller interner Vielfalt wie aus einem Guß klingt. Herausgekommen ist eine trotz aller Tristania-Parallelen doch einzigartige Scheibe und zugleich eine der besten, die jemals den türkischen Boden verlassen haben. Und jetzt: Wo kriege ich den Catafalque-Zweitling her?
Kontakt: www.myspace.com/catafalquetheband, www.poemproductions.com

Tracklist:
The Soothsayer
Hallowed Lands
Archangel's Touch
Dreamweaver
Lust And Innocence
Bloodia (A Raven In The Night)
L.O.V.E. (Legacy Of Virgin Eve)
Sharper Than The Blade
Gomorrah (Eyes Of Wrath)
Shadow My Secret Soul
The Wells Of (My) Heart
Nightfall Serenade
 




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