www.Crossover-agm.de CADILLAC: Cure
von rls

CADILLAC: Cure   (Progress Records)

Für musikalisch Ewiggestrige wie mich sind solche Platten eine Offenbarung: Cadillac musizieren frisch von der Leber weg, als wäre Hendrix nie gestorben, hätten Led Zeppelin gerade erst "II" herausgebracht, würden die Stones noch nicht im Traum daran denken, sich ihre Welttourneen von Konzernen der Größenordnungen Volkswagen sponsern zu lassen und hätte noch niemand eine Ahnung, daß es einmal irgendwann eine Band namens Masters Of Reality geben würde. Von letztgenannten kenne ich zwar nur das aktuelle "Deep In The Hole"-Album, aber trotz gewisser musikalischer Ähnlichkeiten blasen Cadillac Herrn Goss & Co. locker von der Bühne in den Flugsand der Wüste Nevadas, indem sie gleich im Opener ordentlich "Fire In The Hole" machen und damit soviel Rauch erzeugen, daß sie damit die Sprinkleranlagen von Hotels auslösen (paradoxerweise, so erfahre ich später, bricht kurz vor dem Moment, als ich dies schreibe, im Kaninchenstall eines meiner Cousins Feuer aus). "The Show" und "Two Times More" waren die Titel von Cadillacs ersten beiden EPs (die ich nicht kenne), und die gleichnamigen Songs haben es jetzt auch aufs Debütalbum "Cure" geschafft - völlig zu Recht, denn allein im Solo von "The Show" steckt derart viel musikalische Klasse, Spielfreude und Lockerheit, daß die drei Norweger in Woodstock gnadenlos abgeräumt hätten, wenn sie damals schon geboren gewesen wären. Damit der Hörer aber merkt, daß wir schon das dritte Jahrtausend nach Christi Geburt schreiben, haben sich Cadillac auch ein paar Elemente ins Boot geholt, welche 30 Jahre vorher noch kein Allgemeingut waren und auch heute noch partiell exotisch wirken. Die weiblichen Backings, die z.B. den Refrain von "Two Times More" zum Ohrenschmeichler werden lassen, sind dabei noch nichts Außergewöhnliches, aber wilde Saxophonsoli wie in "Marshallow Man" sucht man in der heutigen Rockszene mit dem Mikroskop. Mit dem "Mushroom Blues" schließen sich eher typische, aber kongenial umgesetzte Zutaten an: der titelgebende Blues natürlich, der zudem von einer herrlich altmodischen Hammondorgel unterstützt wird und emotional zwar nicht ganz an meinen absoluten Lieblingsblues, "Since I've Been Loving You" von Led Zeppelin, heranreicht, aber trotzdem exquisiten Hörgenuß bereithält, der - wie die gesamte Platte - nur vom Gesang ein wenig heruntergezogen wird, welcher mir bisweilen einen etwas zu gequälten, manchmal gar gelangweilten Eindruck macht, mitunter an den ganz frühen Phil Mogg erinnert, aber wenigstens (die leicht verzerrten Passagen außen vor gelassen) ungekünstelt und somit ehrlich wirkt. Daß mir das weitgehend instrumental gehaltene "Girl" (wieder diese Hammondorgeln!) am allermeisten zusagt, ist demnach kein Zufall - die Steigerung des zweiten Teils von einer verhaltenen Drums/Baß-Passage zu einer melodisch das gleiche Thema verarbeitenden Bombaststruktur gehört zwar zu den bereits häufig eingesetzten Stilmitteln, weiß in dieser Qualität aber immer wieder zu begeistern. Nur der abschließende Titeltrack findet nicht ganz meinen uneingeschränkten Applaus, denn sein Hauptriff kommt mir verdächtig bekannt vor und macht einen zu geklauten Eindruck, obwohl wie gesagt die komplette Platte konsequent rückwärtsgewandt über die Nord- und Ostsee gepaddelt kommt. Als Ganzes Pflichtprogramm für alle im musikalischen Sinne Ewiggestrigen, auch wenn die anhand des Coverartworks eigentlich erwartete Neuinterpretation von "I Shot The Sheriff" letztlich fehlt.

Tracklist:
1. Fire In The Hole
2. The Show
3. Two Times More
4. Marshallow Man
5. Mushroom Blues
6. Pigfucker
7. Sandman
8. Go Around The Bend
9. Girl
10. Cure



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