www.Crossover-agm.de BREMER MUSICAL COMPANY: Träume (live)
von rls

BREMER MUSICAL COMPANY: Träume (live)    (Eigenproduktion)

Nach einer schier endlosen Odyssee durch die Redaktionsbüros ist diese CD letztlich wieder bei mir gelandet, und so soll sie nun endlich ihr verdientes Review bekommen. Abseits des großen Musical-Zirkus rings um "Cats" oder "Starlight Express" zieht die Bremer Musical Company ihr Ding unabhängig durch, den damit einhergehenden Schwierigkeiten vor allem finanzieller Art trotzig ins Auge blickend, aber die dadurch erworbene künstlerische Freiheit weidlich ausnutzend. Das soll nicht bedeuten, die Bremer würden verschrobene Musicalakrobatik oder völlig experimentell-abgedrehtes Material präferieren - "Träume" ist eingängig genug, um potentiell ein breites Publikum zu begeistern, zudem inhaltlich ebensowenig platt wie überfrachtet, dafür auch für den Nichttheatererfahrenen nachvollziehbar. Die Handlung des Musicals "Träume" spielt nämlich an einem Bremer Theater, und man muß die Vorgeschichte kennen: Ein Student schläft in einer kulturwissenschaftlichen oder auch kulturwirtschaftlichen Vorlesung an der Bremer Universität ein und träumt, daß er die Aufgabe übernimmt, an erwähntem Theater ein Musical über die Bremer Stadtmusikanten zu inszenieren. Dazu gehören Höhen und Tiefen, intensiver Wettbewerb wie die finale Erkenntnis, daß viele Sachen nur in einem konsequenten Miteinander zu realisieren sind, wie es schon die historischen Vorbilder der Stadtmusikanten vorexerzierten, von denen keiner im Alleingang die Räuber hätte vertreiben können. Parallelen zum realen Geschehen sind natürlich keinesfalls zufällig, und es würde mich nicht wundern, wenn Ensemblekopf Thomas Bläschke, der "Träume" geschrieben hat, diverse autobiographische Elemente hat einfließen lassen. Musikalisch bricht das hier in einem Livemitschnitt vorliegende "Träume" nicht aus dem gängigen Musicalraster aus, pendelt also zwischen Lightjazz und Popklassik hin und her, stellt aber deutlich heraus, daß die Musik hier nur Mittel zum Zwecke der Handlung ist, die von einer größeren Handvoll Ensemblemitglieder in verschiedenen solistischen Rollen vorangebracht wird. Dabei sind im Booklet die eigentlichen Liedtexte nachzulesen, nicht aber die gesprochenen Parts, welche die eigentliche Rahmenhandlung zusammenkitten, so daß intensives Hinhören unabdinglich erscheint, obwohl einzelne Songs auch im Singlekontext funktionieren würden. Als Exempel sei "Leben" genannt, eine Art Motivationshymne völlig areligiöser Art, das in einer potentiellen Interpretation von sagen wir mal Sarah Connor und mit einem platten Drumcomputer glattgebügelt ein todsicherer Kandidat für die deutschen Charts wäre. Analoges ist für das fragile "Das Zauberlicht erleben" zu konstatieren. Das spricht also eindeutig für Bläschke und seine Mannen bzw. Frauen, die trotz Respektierung unausgesprochener Stilgrenzen nicht daran denken, sich sklavisch irgendwelchen Konventionen unterzuordnen, obwohl sie unterm Strich immer ausrechenbar bleiben. Ein größeres Kompliment kann man einem Musical-Ensemble praktisch nicht verteilen. 14 Darstellerinnen/Sängerinnen, 8 Darsteller/Sänger und ein "Teufelsdutzend" an Instrumentalisten sorgen für Wohlklang und wahlweise ernste oder zum Schmunzeln anregende Momente, die das komplette Spektrum zwischen himmelhochjauchzend und zum Tode betrübt ausleuchten. Symptomatisch die Szene am Ende des "Hahnensongs", als sich die Intendantin plötzlich unters Ensemble mischt und völlig in der aktiven Ensemblearbeit aufgeht (also mitsingt und -tanzt), wogegen der auftauchende Regisseur aufgrund der dadurch entstehenden "Unglaubwürdigkeit" energisch protestiert. Solcherart Brüche ziehen sich durch das gesamte, knapp einstündige Werk, aber sie haben im Finale "Gemeinsam" keine Chance mehr: die Räuber werden verjagt, und man ist dem Weltfrieden wieder einen klitzekleinen Schritt nähergekommen. Kontakt: Bremer Musical Company, Thomas Bläschke, Nürnberger Straße 15, 28215 Bremen, www.bremer-musical-company.de
 





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