www.Crossover-agm.de BOKRAG: Mental Sickness
von rls

BOKRAG: Mental Sickness   (Vomit In Silence)

Death Metal aus Armenien flattert einem auch nicht gerade jeden Tag in den CD-Player. Bokrag legen mit "Mental Sickness" ihr Debütalbum vor und waren zum Zeitpunkt von dessen Einspielung nur als Duo aktiv: Arosh Eivani als Sänger und Texter, Vahe Soghomonyan als Verantwortlicher für den ganzen Rest (so sagt es jedenfalls das Booklet im Widerspruch zu den Angaben in der Encyclopedia Metallum). Mittlerweile haben die beiden aber wohl eine komplette Band zusammen und sind so in der Lage, auch live zu spielen. Vielleicht nehmen sie später den einen oder anderen der sieben Songs auch nochmal neu auf - der Sound von "Mental Sickness" ist für armenischen Untergrund nicht schlecht, aber man hört das begrenzte Budget doch deutlich durch, und da sich im Booklet keinerlei Studioangaben finden, wird es sich wohl um Homerecording gehandelt haben, zumindest was den instrumentalen Teil angeht. Bezüglich des Gesangs steht dann aber doch noch ein Satz im Booklet: "Special thanks to Rouzbeh Espahnovan for vocals mastering". Besagter Gesang bewegt sich überwiegend im typischen, allerdings nicht sonderlich extremen Death-Metal-Gegrunze, aber er ist keineswegs darauf limitiert: Zum einen finden sich gelegentlich elektronisch verfremdete Teile, allerdings in einer solchen Dosierung, die dem Death-Metal-Traditionalisten noch nicht den Appetit verdirbt, und zum anderen tritt bisweilen eine Art heisere Lautäußerung irgendwo zwischen Flüstern und normalem Sprechen auf, in "Inferior" zudem durch herbes Shouting ergänzt. Wenig eindimensional zeigt sich auch die Musik. "Mental Sickness" changiert instrumental zwischen Death und Thrash, bezieht selbst powermetallische Anflüge (die Leadgitarre im doomigen "Inner Hades"!) ein und ist mit dem Begriff "technischer Death Metal" nicht adäquat zu beschreiben. Falls Bokrag früher mal deathmetallischer agiert haben, so wäre ihre Entwicklung ansatzweise mit der von Death zu vergleichen, wenngleich Soghomonyan es noch nicht geschafft hat, in den vorderen reichlich 20 der summiert 31 Minuten Songs von deren Qualität unterzubringen. Aber daß er kompositorisches Talent besitzt, zeigt nicht zuletzt das erwähnte interessante "Inner Hades", dessen Grundidee eine viel umfangreichere Ausarbeitung als in diesem zwischenspielartigen Stück verdient hätte. Übrigens liegt das Tempo für Death-Metal-Verhältnisse erstaunlich niedrig, obwohl Soghomonyan wegen des Drumcomputers diesbezüglich ja keinerlei Rücksicht hätte nehmen müssen. Aber der weitgehende Verzicht auf schnelles Geknüppel paßt bestens ins Gesamtbild, und für alle, die ohne solches gar nicht leben können, gibt es beispielsweise im knapp siebenminütigen Titeltrack dann doch noch ein paar diesbezügliche Attacken, die allerdings immer wieder von doomigen Verharrungen und gar einem ausgedehnten Part, der nur mit Gesang, Klavier (!) und Orgelprinzipal (!!) bestritten wird und in einen gigantischen Bombast-Doom-Part mündet, flankiert werden. Und auch in diesem Song besitzt die Leadgitarre wieder so einen interessanten Touch, der Orient und Okzident miteinander zu verschmelzen versucht - ein Stilmittel, das in Zukunft gern stärker betont werden darf. Das Kuriosum innerhalb des Albums ist jedenfalls seine Dramatik: Fünfeinhalb Songs lang glaubte man sich, abgesehen vom zwischenspielartigen "Inner Hades", auf der sicheren Seite, was die Einordnung angeht - dann aber packt Soghomonyan plötzlich die oben beschriebene zweite Hälfte des Titeltracks aus und hängt noch "The Weight Of The World" an, das mit mongolischem Obertongesang (!) beginnt, ansonsten aber instrumental bleibt, doomige Passagen mit Pink-Floyd-artigen Klangflächen koppelt und damit völlig eklektizistisch wird. Von diesen Aha-Erlebnissen wünscht sich der Rezensent das nächste Mal viel mehr, denn die letzten 10 Minuten des Albums lassen erahnen, zu welch Großtaten der Komponist noch fähig sein könnte. Bis es soweit ist, dürfen sich Anhänger Chuck Schuldiners und Exotensammler (sowohl geographische als auch musikalische) "Mental Sickness" mit Interesse nähern; allerdings sollte man nicht zu lange warten, denn die CD soll auf 500 Exemplare limitiert sein.
Kontakt: www.myspace.com/bokragarmenia, www.bokrag.com

Tracklist:
Vortex Of Hallucination
Rise Of Eradication
Malady
Inner Hades
Inferior
Mental Sickness
The Weight Of The World



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