www.Crossover-agm.de BOENOX: Styl-O-Phone
von ta

BOENOX: Styl-O-Phone   (Kinky Star Records)

Um es direkt zu sagen, ich liebe "Style-O-Phone", diesen ohne die Bonüsse (zwei Remixes des Titeltracks) etwa dreiviertelstündigen Bastard von Album, von ganzem Herzen. Das belgische Quartett Boenox spielt zu 60% Klassik: Cello, Kontrabass, Oboe und Fagott treffen aufeinander und spielen Kammermusik mit Hang zu Romantik, sehr gesetzt und in nahezu hundert Prozent der Fälle auch ziemlich düster. Die Klangfarbe, Wärme der Instrumente paart sich perfekt mit dem Charakter der Musik. Die Mittel sind hierbei beider Aspekte wegen - der Instrumente und des Charakters der Musik - relativ begrenzt, aber das sorgt nicht für Langeweile, sondern eher für einen gewissen Ambient-Faktor: Man muss "Style-O-Phone" nicht permanent voll konzentriert hören, sondern kann es auch mal im Hintergrund laufen lassen. Exemplarisch sei hier auf das fabelhafte "Samedi Apres-Midi" verwiesen: Das Leitthema ist ebenso durch- wie eingängig und hat sogar einen gewissen Pop-Appeal. Überhaupt haben Boenox in ihren Kompositionen Pop-Appeal, Harmonik und Rhythmik sind stets nachvollziehbar und tonal, erinnern an das Konzept der Minimal Music. Ausbüchser wie das völlig durchgeknallte Holzbläser-Solo in "La Chapelle" sind eben das: Ausbüchser. Als solche übrigens hochwillkommen, eine passende Auflockerung und durchweg gelungen. Weitere Auflockerungen gibt es durch Orgel- ("Fuga") und Gitarren-Sounds ("Nature"). Sogar zweimaliger Gesang ist zu hören: "Moderken Alleen" von Emiel Hullebroeck - soweit ich sehe, die einzige Fremdkomposition des Albums - wird von der Sopranistin Ilse Eerens mit klassischem Liedgesang geschmackvoll und gekonnt verwandelt. Und in "Zeven Maal Zeven" bietet Ilse Wanten eine sexy Mischung aus Flüstern und Sprechgesang.
Die verbliebenen 40% des Boenox-Sounds sind Elektronika, bevorzugt programmierte Beats, die mal gänzlich Elektro bleiben ("Zeven Maal Zeven", "Styl-O-Phone"), mal Rock imitieren ("Wodan Sonate") und mal in Dancefloor-Gefilde abdriften ("Chemical", "Opus 666"). Und man mag es kaum glauben: Es funktioniert größtenteils. Es wirkt nicht überambitioniert, nicht erzwungen, sondern als kunstvolle Ergänzung zur klassischen Basis; besonders "Opus 666" ist ein echt cooler Feger und gehört dabei zum Originellsten, das ich 2009 hören durfte. Das Leitthema für einen Dancefloor-Track auf der Oboe kredenzt, wo hat man das sonst schon? Weniger anfangen kann ich mich der "Wodan Sonate", da ich Drum-Computer, die einen auf Schlagzeug machen, prinzipiell selten ausstehen kann, und die Rock-Rhythmik Boenox auch nur mäßig gut steht. Es bleibt die einzige verzichtbare Komponente des Abums.
Was gibt es sonst noch zu sagen? Zusammengehalten wird das zweigleisige Fahren durch das Stylophone, einen Miniatur-Synthesizer aus den 60ern. An welchen Stellen es genau tätig ist, ist nicht immer so leicht wie im Schlussakkord von "Chemical" auszumachen, aber genau das ist wohl auch Sinn der Sache. "Mango" ist harmonisch an Mozart orientiert, ergänzt um moderne Rhythmik durch das Kontrabass, ebenfalls sehr gelungen. Wie fast alles hier.
Ein schillerndes, wunderbares Album, das ich hiermit traditionellen Klassik-Fans ebenso wie Freunden experimenteller Sounds empfehle. Erhältlich ist das Album u.a. über den Download-Store von Kinky Star.
Kontakt: www.boenox.com, www.kinkystar.com

Tracklist:
1. Zeven Maal Zeven
2. Chemical
3. Fuga
4. Intrabassa
5. Styl-O-Phone
6. Samedi Apres-Midi
7. La Chapelle
8. Wodan Sonate
9. Mango
10. Opus 666
11. Nature
12. Moderken Alleen
Bonus Tracks:
13. Styl-O-Phone (Remix)
14. Styl-O-Phone (Remix)



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