www.Crossover-agm.de THE BECOMING: From Cold Hands
von rls

THE BECOMING: From Cold Hands   (Eigenproduktion/Metalglory)

Nur den CD-Titel, nicht aber den eigenen Bandnamen aufs Cover zu schreiben können sich normalerweise nur ganz große Bands erlauben - oder eben Undergroundbands, deren CDs sowieso kaum irgendwo im Laden stehen, sondern in der Regel auf Konzerten, über Mailorder oder die eigene Webseite verkauft werden. So wird es vermutlich auch The Becoming ergehen bzw. schon ergangen sein (die CD ist bereits anno 2001 erschienen, fand aber erst kürzlich Eingang in meine Sammlung) - allerdings führt ihr Bandlogo den Betrachter auch eher in die Irre, läßt es doch eher Black Metal dahinter vermuten (die Buchstabengestaltung etwa ähnelt durchaus der aus dem Logo von Impaled Nazarene), was im musikalischen Sinne ein völliger Trugschluß wäre, denn The Becoming spielen sehr energischen Doom Metal in seiner tempotechnisch größtmöglichen Variationsbreite, die dann auch gleich mal im Opener "One Black Day" fast komplett ausgereizt wird. Konsequenter Kriechgang wird nur in seltenen Fällen gefahren, als Durchschnitt der sechs Songs kommt irgendwo massives Midtempo heraus. Zwei Elemente zeichnen den Sound von The Becoming in besonderem Maße aus. Da wären zum einen die Gitarrenmelodien, die von der Einsatzweise her durchaus mit Candlemass vergleichbar sind, in fast gleichem Maße aber auch mit Iron Maiden, wenngleich deren ähnlich häufig repetierte Gitarrenhooks kürzer und einprägsamer ausfielen, während die Leadfraktion von The Becoming sich eher in epischen Breitwandmelodien ergeht. Als zweite Komponente hätten wir da den Gesang von Matthias Wiechmann. Der Mann singt glasklar, aber in einer extrem dunklen Tonfärbung, egal ob er in fast mit Carl McCoy vergleichbaren Tiefen herumpfügt oder am oberen Limit seines Stimmspektrums (höre hierzu gleich den erwähnten Opener) paradoxerweise an eine eingedunkelte Version von Eloys Frank Bornemann erinnert (daß Bornemann aus Hannover kommt und The Becoming auch, fügt diesem Vergleich ein weiteres Paradoxon hinzu, das aber auf einem Zufall beruhen dürfte). Sonderlich einprägsam agieren The Becoming nicht - der vergleichsweise flotte Titeltrack kommt in der Gesamtbetrachtung mit den wenigsten Breaks über die Runden und überzeugt vielleicht gerade dadurch nicht so sehr wie der schon mehrfach erwähnte Opener, in dem The Becoming ihre Fähigkeit zu abwechslungsreichem und trotzdem nicht zerrissen wirkendem Songwriting gleich eindrucksvoll unter Beweis stellen. Und das passiert im Verlaufe des 32minütigen Silberlings noch öfter - man nehme sich nur mal das balladesk beginnende "A Child Born Knowing" her, das zudem ein im Schaffen der Band nicht so häufiges Element auffährt, nämlich ein richtiges Gitarrensolo (und ein gutes noch dazu!). Der absolut stärkste Track aber steht mit "Obsidian Eye" ganz am Ende der CD - sein beschwingter Dreiertakt erzeugt zumindest in den unverbreakten Stellen eine tänzerische Stimmung, die man im erweiterten Genre so ausgeprägt auch bei "Black Winter Day" von Amorphis findet, wenngleich man in "Obsidian Eye" von einigen ruppigeren Zwischenpassagen unsanft aus dem Tanzrythmus gerissen wird, in denen Drummer Philipp Wende zwischenzeitlich sogar mal ganz außertaktig agieren darf. Leider versuchte die Bookletlayoutfraktion ebenfalls so abwechslungsreich zu agieren und versah deshalb jeden Songtext mit einer anderen Schriftart, was wie ein Sammelsurium aus dem PageMaker-Anfängerkurs aussieht, den alten Satz "Weniger wäre mehr gewesen" heraufbeschwört, aber zum Glück neben der fast nach Selbstkopie klingenden kurzen Gitarrenbridge in "Corridors Of Perception" auch nahezu das Einzige bleibt, was an "From Cold Hands" richtig zu kritisieren wäre, zumal der Sound für eine Eigenproduktion ausgesprochen amtlich ausgefallen ist - druckvoll und sauber zugleich hat er durchaus Profiformat und geht mit den generellen Fähigkeiten der Band damit Hand in Hand. Für einen großen Erfolg werkeln The Becoming eindeutig zu wenig massenkompatibel, aber als qualitätsbewußter Freund doomlastigen Metals sollte man "From Cold Hands" auf jeden Fall Aufmerksamkeit widmen, auch wenn es der zwischenzeitlich aufgelösten Band im direkten Sinne nichts mehr nützt. Zu ordern ist die CD am einfachsten via www.metalglory.de
Kontakt: Christian Konrad, Nienburger Straße 14, 30167 Hannover, christian.konrad@htp-tel.de

Tracklist:
One Black Day
Halls Of Bitter Sin
From Cold Hands
A Child Born Knowing
Corridors Of Perception
Obsidian Eye
 



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