(Bazooka Label Before The Dawn)

Was lässt sich einleitend zu einer Band mit diesem Namen sagen? Wie sind die Japaner nur auf diesen Namen gekommen?! Eines Tages 1993 bei der Gründung im Proberaum ein Einfall "Wie wärs mit adenosine tri phosphate??" und die anderen alle "Ja, das wollten wir auch gerade sagen!" Die Chemie-Bücher können im Keller bleiben, der Name (hip abgekürzt mit ATP) bedeutet das Energie-tragende Molekül in allen Lebensformen.
Die 4 Jungs mit Sängerin Taata sind klar dem Alternativ-Spektrum zuzuordnen und bieten hier auf diesem (mit 69 Minuten viel zu langen) Album durchaus einige okaye Songs. Taatas Gesang schwankt zwischen melancholisch zerbrechlich in Track 4 "Psychedelic Child" und einer Mixtur aus Hazel O'Connor und Björk! Wobei ich den Eindruck habe, dass die Frontfrau sicherer wirkt, wenn sie in Japanisch singt (Track 3, "Shiny Color In My Palette", gefällt mir recht gut - Titel ist in Englisch, aber Lyrics Japanisch -, andere Songs werden in Englisch gesungen oder abwechselnd wie so oft auf Produktionen aus Nippon).
Diese Formation kann ich mir wunderbar als Experimental-Combo bei Künstler-Festivals vorstellen, was sie auch schon mit einem Maler gemacht haben, um ein Cafe in Harajyuku vor der Schließung zu bewahren. Effekttechnisch wird hier oftmals rumgebastelt mit diversen Klangcollagen, die mitunter passen (wie in "Here We Are"), aber gelegentlich auch gehörig auf den Geist gehen können: Der komplette Track 6 "Cracked!" ist eine Mischung aus Containerreparatur, Funkverkehr und Hochbetrieb in einer Schreinerei - kurzum 4:41 Folter für die Ohren! (Siouxsie And The Banshees lassen grüßen!!) Als ob sie dies gehört hätten, kommen danach versöhnliche ruhige Klänge mit japanischen Gesang, aber nun verliert die CD an Tiefgang, "Angel" ist recht belanglos.
Das Stilelement auf "Where Are We Going To" - zunächst verfremdeter Gesang, der dann umschwenkt in klare Produktion - ist nicht neu, wirkt aber hier ganz gut, ansonsten auch hier recht langweilige Atmosphäre. Dann kommt ein Song namens "Moon Dance", den ich als uninteressanten Füller bezeichnen würde, laut der Info hielt er den Platz 1 in den Industrial und New Wave Charts. Überhaupt scheint Erfolg 2003 nicht mehr in Einheiten an abgesetzten Platten gemessen zu werden, sondern in Downloads: Hier wurden ATP 350.000 mal bei MP3.com aufgerufen. Aha, jetzt merke ich, warum die CD so lange ist - nach dem 12. Lied wurde das Band einfach weiter laufen gelassen: über 5 Minuten Schweigen im Walde! Dann noch 2 Bonus Tracks, wovon der erste, "Into Colors", ein schöner Song sein könnte, tja, wenn sie nicht übers Telefon singen würde und der Sound nicht dem eines Transistorradios von 1950 entspräche! Zuletzt noch mal "Here We Are" in einer schnelleren up-tempo Live-Version (von "Live" merkt man hier absolut Null!). Ein Album, das ich eher seltener anhören werde - eventuell noch mal, wenn ich Besuch aus Japan habe.
Kontakt: www.ATPmania.com, ATProom@ybb.ne.jp

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