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von ta

ABORTED: Coronary Reconstruction   (Century Media)

Aborted hatten vielen ihrer strunzkonservativen Anhänger ordentlich den Appetit verdorben, darunter dem Verfasser dieser Zeilen. Nach drei famosen Death/Grind-Silbertellern ("Goremageddon", "The Archaic Abattoir" & "Slaughter & Apparatus") kam "Strychnine.213" und plötzlich war die Band langweilig, zahn- und identitätslos. Einiges für diese Band Paradigmatische fehlte (die donnernde Produktion, das tierische Geballer, das hohe Energielevel), die neuen Elemente (Midtempo, Core, mehr Breaks) brauchte kein Mensch. Sven de Caluwe reagierte auf die Vorwürfe bei metal.de mit den leuchtenden Worten: "Wir werden nicht zu 'Engineering The Dead' zurückgehen, weil das einfach keinen Sinn macht. Was hätte man denn davon, wenn eine Band ständig dasselbe macht?"
Und was gibt es nun auf der 22minütigen EP "Coronary Reconstruction"? Genau, einen Rückgang, der locker bis "Engineering The Dead" reicht. Bätsch! Soll heißen: Herrlich, diese wiedergekehrte Death-Metal-Pracht! Aborted hacken wieder, was das Zeug hält, de Caluwe grunzt alles in Grund und Boden, die Riffs peitschen ständig nach vorne. Der musikalische Rückschritt ist nicht zu leugnen, und auch wenn das Songwriting etwas ausgefeilter ist als noch zu "Engineering ..."-Zeiten, merkt man jeder Sekunde des Albums seine Spontanität an: Das Opening-Doppel aus "Coronary Reconstruction" und "From A Tepid Whiff" ist nun nicht gerade eine Ausgeburt an Filigranität, sondern ein musikalischer Vorschlaghammer, roher sogar als das meiste, was auf "The Archaic Abattoir" und "Slaughter & Apparatus" zu hören war, dabei aber extrem konsequent und wie gesagt auch nicht blöde - Songs schreiben können die Belgier ja: Die Übergänge sind absolut flüssig, der Gang wird im richtigen Moment kurz zurückgeschaltet, die melodiösen Soli und Samples lockern das hastige Geholze passend auf und das Ganze groovt wie Hölle - genau das hatte auf dem letzten Album auch gefehlt. Außerdem drückt die Produktion wieder richtig, ohne dabei jedoch den glasklaren Sound der beiden Hansen-Produktionen vor "Strychnine.213" wieder aufzunehmen. Auch "Grime" macht keine Gefangenen, überrascht aber mit kurzen Pantera-artigen Einwürfen beim Riffing und generell etwas mehr Midtempo. Aber selbst hier ist nichts mehr zu spüren von diesem auf "Strychnine.213" so spürbaren Zwang, ja nicht mehr als zehn Sekunden in einem Groove zu verharren. "A Cadaverous Dissertation" macht das Fass der Eigenkompositionen dann zu und entpuppt sich als komplexester Song des Albums: Ein abwechslungsreicher Qualitätssong zwischen grollendem Midtempo und Speed-Ausrastern, mit blitzsauberen Arrangements, ungewöhnlicher Struktur und nur wenigen Wiederholungen, dabei aber immer schlüssig und jederzeit abrißbirnentauglich. Die Carcass-Verneigung steckt nebenbei definitiv nicht nur im Titel. Geiles Teil! Was auf "Strychnine.213" Kopflastigkeit war, ist hier wieder Spielfreude geworden - so kommt es für mich als Konsument zumindest rüber -, und schon ist auch der Hörspaß wieder viel größer. Das abschließende Entombed-Cover ("Left Hand Path") ist nah am Original gehalten und deshalb nur seminötig, aber witzig kann man es schon finden, so einen Elchtod-Classic mit den hardcore-lastigen Schreien von de Caluwe gewürzt zu hören, zumindest wenn man in Sachen Entombed nicht so konservativ ist wie in Sachen Aborted.
Alles in allem eine runde und geschmackvolle Sache. Aborted legen ein ordentliches Pfund Gehacktes auf den Gabentisch der Todesbleigemeinde, der nicht nur das schlecht gewürzte Etwas, das davor kam, vergessen, sondern auch Lust auf mehr von derselben Sorte macht. Bis zum vollständigen Album ist "Coronary Reconstruction" aber eine exzellente Interimsmahlzeit.
Kontakt: www.goremageddon.be, www.centurymedia.com

Tracklist:
1. Coronary Reconstruction
2. From A Tepid Whiff
3. Grime
4. A Cadaverous Dissertation
5. Left Hand Path



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