Das Heft
"Das ultimative Gospel Chor Buch, Band 4", der jüngste Sproß aus der Lieder-Schmiede des ZEBE-Verlages, präsentiert sich äußerlich in gewohnter Aufmachung wie seine Vorgänger (Volume 1+2 mit den Stimmen SATB, Volume 3 mit dreistimmigen Sätzen). Wiederum arrangiert von Jeff Guillen, enthält es 17 Gospelsongs auf 87 Seiten. Gesetzt für Sopran, Alt und Männerstimme, kommt bei vielen Sätzen eine Solostimme hinzu. Neu bei diesem Heft ist die durchgängige Klavierbegleitung.
Neben traditionellen, altbekannten Titeln, die mit anderen Arrangements schon in den bisherigen Heften vorkommen, wie z.B. "Amazing Grace", "Amen", "Ev’ry Time I Feel The Spirit", "Good News", "When The Saint’s Go Marchin‘ In", und solchen Standards wie "Freedom Is Coming" und "Oh Happy Day" sind auch eine ganze Reihe weniger bekannter Lieder enthalten, die das Spektrum eines Chores durchaus erweitern können.

Der Chorsatz
Die Chorsätze sind, abgesehen vom Einsatz der Solostimme, durchgängig homophon angelegt. Entsprechend des modernen Sounds der Popmusik findet man vor allem enge Lagen, wobei die zum Einsatz kommende Männerstimme den Akkord füllt. Vom Klang her wird meist auf eine tiefe, als Fundament dienende Baßstimme verzichtet. Diese Funktion wird vom Klavier übernommen. Das bedeutet allerdings, dass der Chorsatz ohne Begleitung des Pianos nicht wirkt und klingt. Doch dazu später mehr.
Die Chorsätze haben eine einfache und geradlinige Struktur. Auf Dauer kann die Stimmführung durch die vielfach vorkommenden Dreiklangrückungen und einfachen Akkordumkehrungen einfallslos und wenig originell wirken. Demgegenüber setzt die Solostimme durchaus Akzente. Allerdings kommt sie in vielen Titeln nicht durchgängig vor, sondern wird eher punktuell eingesetzt.
Die Rhythmik stellt die Sänger ebenfalls nicht vor allzu hohe Anforderungen. Wenn die ausreichenden Tempo- und Style-Angaben und stilistischen Eigenheiten beachtet werden, kann eigentlich nichts schiefgehen.
Für viele Chöre werden die Sätze einfach und schnell zu erlernen sein.
Noch eine Anmerkung zur Notierung: Mir persönlich erscheint sie in manchen Punkten gewöhnungsbedürftig. Beispielsweise werden manche Silben mit dem Taktende "abgewürgt", wo vom Melodiefluß und vom Groove her ein Überbinden in den nächsten Takt sinnvoller wäre. Aber – Musik ist Geschmackssache und sie soll vor allem leben; der Autor selbst schlägt Experimentieren mit dem Material und das Angleichen an die jeweiligen Bedürfnisse vor, was jedem ja unbenommen ist.

Die Klavierbegleitung
Hier setze ich ein Achtungszeichen! Es handelt sich um professionelle Klavierbegleitung auf hohem Niveau und mit dem Anspruch, zeitgemäß zu sein und heutigen Hörgewohnheiten zu entsprechen.
Die Harmoniefolgen sind stimmig und in typischer Gospeltradition. Es wurde stilsicher und vielseitig arrangiert, teilweise stark rhythmisch und groove-orientiert. Die Begleitung kann als Vorlage für ein Band-Arrangement dienen, wesentliche Voraussetzungen wie Baßstimme, Rhythmik usw. sind gegeben.
Die Begleitung ist zum Teil sehr anspruchsvoll und als schwierig einzustufen. Beim Erarbeiten der Sätze stellen sich dem Pianisten hohe Anforderungen hinsichtlich Groove, Fingersatz, Timing, Phrasierung, Technik. Die Kenntnis stilistischer Besonderheiten muss vorausgesetzt werden.
Damit ist das Gospelheft eine Fundgrube für gestandene Pianisten mit Interesse für Gospel. Laien im Selbststudium oder gar Anfänger im Klavierspiel werden mit den anspruchsvollen Sätzen wohl kaum klarkommen.
Interessant ist das Heft vielleicht auch für Kirchenmusiker, die eher aus der Tradition kommen und ihr Spektrum in Richtung Gospel erweitern wollen. Hilfreich für diese ist möglicherweise auch die Ausnotierung mancher Stücke im 12/8-Takt, wo ein gestandener Popularmusiker sich eher die Notierung in der herkömmlichen Swing-Stilistik wünschen würde.
Eventuell empfindet letztere Spezies die Ausnotierung von Solostellen auch als Einengung, anderen ist dies eher eine Hilfe.

Fazit
Für 28,- DM bekommt der Käufer ein interessantes Heft auf dem Gospel-Markt, wobei die besonderen Qualitäten der Klavierbegleitung hervorzuheben sind, hinter dem die Chorsätze leider verblassen. Sie sind zwar ohne Pianobegleitung singbar, können aber, da wesentliche musikalische Elemente fehlen, nicht ohne selbige aufgeführt werden. Man muss aufpassen, dass dabei nicht der Eindruck entsteht, der Chor begleitet den Pianisten.

Jeff Guillen: The Ultimate Gospel Choir Book, Volume 4. Hamburg: ZEBE-Publishing 1999. 28 DM. Infos: ZebeMusic@aol.com, www.zebemusic.com
 

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