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V.A.: Faces Of Peace
von rls anno 2008

V.A.: Faces Of Peace

Manchmal überholt die Geschichte die Projekte, welche zu ihrer Aufarbeitung dienen sollen. Einen solchen Fall erlebte das Projekt "Peace has a face", organisiert vom Landesjugendpfarramt Sachsen und der Municipality of Holon in Israel anno 2006. Jugendliche aus Israel und Deutschland sollten gemeinsam den Chancen für eine friedliche Entwicklung nicht nur im Nahen Osten nachgehen und zu diesem Zweck aus der Vergangenheit und von Zeitzeugen der vergangenen Ereignisse lernen. Die erste Projektphase fand im Mai 2006 in Israel statt, und dort besuchten die Jugendlichen auch die Golanhöhen und den Norden des Landes in der Nähe der libanesischen Grenze - Areale, die wenige Monate später, noch vor der zweiten Projektphase im August 2006 in Deutschland, in den Fokus der kriegerischen Ereignisse des Sommers 2006 gerieten, was in der zweiten Projektphase dann zumindest eine angeschnittene Rolle spielt (es konnte zu dem Zeitpunkt ja noch niemand wissen, wie groß der entfachte Flächenbrand letztlich werden würde).
Das Projekt hat auch eine Aufarbeitung in Form einer DVD erfahren, deren Inhalt dreigeteilt ist. Den Hauptteil nimmt der Film "Faces Of Peace" ein, der in 28 Minuten wesentliche Stationen des Projektes dokumentiert, dabei anfangs chronologisch vorzugehen scheint, aber im zweiten Teil dann zwischen Israel und Deutschland hin und her springt. Der anfängliche israelische Teil lebt von einer Anzahl Interviews vom einfachen Soldaten (selbst der hat kapiert, daß man, um seine Nachbarn zu verstehen, erstmal deren Sprache verstehen muß) bis hin zum Landwirtschaftsminister, auch der Pfarrer der Deutschen Gemeinde in Jerusalem ist dabei, und kontroverse Meinungen gibt es hier noch nicht zu hören. Die kommen erst in einem sehr ausführlich behandelten Block mit zwei israelischen Bauern, die inmitten des palästinensischen Autonomiegebietes siedeln und wichtige Arbeitgeber vor Ort darstellen, zum Tragen: Der eine zeigt sich eher unglücklich mit einem Teil der palästinensischen Arbeiter in seiner Fischfarm, da es seitens diesen schon zu Übergriffen gegenüber den Israelis gekommen ist, der andere würde nie jemand anders außer Arabern in seiner Gärtnerei arbeiten lassen. Die pikanten Aufnahmen sind allerdings atmosphärisch zwischen die Interviews geschaltet, beispielsweise die von der Grenze zwischen Israel und den Autonomiegebieten (da wird man kaum offiziell filmen dürfen ...) oder ein T-Shirt-Stand in einer nicht näher benannten Stadt, wo ein Shirt des Hard Rock Café Jerusalem friedlich neben einem zur Befreiung Palästinas auffordernden hängt. Viele der israelischen Landschaftsbilder sind untertitelt, und generell merkt man dem Film ein wenig an, daß eine deutsche Kamerafrau dahintersteht - einfach weil Israel für sie deutlich exotischer ist als die Aufnahmen vor der eigenen Haustür, so daß der deutsche Betrachter letztlich mehr von Israel erfährt als der israelische Betrachter von Deutschland. In Deutschland wiederum rechtfertigt sich die israelische Projektkoordinatorin Hela Lahar auf etwas moralinsaure Weise, daß die Medien immer nur die eine Seite des Krieges zeigen würden, nämlich die der Gegenseite (das macht der Film hier nun wieder anders, denn er geht auch mal in einen israelischen Bunker). Eine ausführliche Darstellung der Geschichte des subversiven DDR-Friedensprojektes "Schwerter zu Pflugscharen" schließt sich an, wozu Harald Bretschneider, einer der damaligen Initiatoren, interviewt wird. Einen eher hilflosen Eindruck hinterlassen die Interviews mit Besuchern der Gedenkstätte Yad Vashem, während der Besuch der Gedenkstätte für Zwangsarbeiter während des Dritten Reiches in Leipzig bedeutend aussagekräftiger ist. Der Film endet mit einem Besuch der Jugendlichen in Berlin an den zu Gedenkzwecken erhaltenen Teilen der Berliner Mauer; ein deutscher und ein israelischer Jugendlicher klettern auf den Mauerrest und skandieren gemeinsam "Die Mauer muß weg!" (Die in den Köpfen natürlich auch, aber die ganz reale um die palästinensischen Autonomiegebiete sicher gleichermaßen, wenngleich letztere aufgrund zahlreicher ganz halblegaler Übertrittsstellen, von denen man hierzulande natürlich offiziell nichts weiß, eigentlich nur einen riesengroßen Witz darstellt.) Danach beginnt der Abspann des Films - unglücklicherweise mit einem Bild der Klagemauer in Jerusalem. Da brechen heute schon wegen kleinerer Ursachen religiöse Kriege aus ...
Der Block "Projektinformation" besteht aus knapp drei Minuten enthusiasmierten Vortrages von Hela Lahar und Thomas Feist, den beiden Projektkoordinatoren auf israelischer bzw. deutscher Seite, und "Peace Pictures" ist ein reichlich sechsminütiger Bilderbogen sowohl aus Aufnahmen des Films (wieso ist der Wegweiser, der auch auf dem Cover zu sehen ist, eigentlich nur zwei- und nicht drei- oder gar viersprachig wie sonst in Israel üblich?) als auch aus "Outtakes", die einen schönen atmosphärischen Ausklang bilden. Generell ist die Kameraführung eher dokumentationsartig gehalten, also auch mal aus dem Auto heraus oder sonstwie wackelnd; die Soundbalance des Films hätte allerdings noch eines Feintunings bedurft, denn die Sprache erscheint im Verhältnis zur Musik zu leise. Aber man kann ja zumindest in den deutschen und hebräischen Passagen die Untertitel (komplett in Englisch gehalten) mitlesen ...

Kontakt: www.facesofpeace.int.tc
 






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