"Einen definitiveren Überblick über die Geburt der schwarzen Szene wird es wohl nicht mehr geben", betitelt das Zillo-Musikmagazin kurz und treffend das 2002 im Original unter dem Titel "The Dark Reign Of Gothic" erschienene Werk des britischen Autors und Musikjournalisten Dave Thompson. Thompson, Jahrgang 1963, beschreibt auf 423 Seiten hautnah die Entstehung eines musikalischen Genres, das sich durch Melancholie und Dunkelheit in seinem Klangbild auszeichnet(e) und sich mit vermeintlich dazu passenden Themen auseinandersetzt(e). Dieses Genre wurde durch den seinerzeitigen Musikjournalismus als sogenannter Gothic Rock definiert und hat seine Geburtsstunde Ende der siebziger Jahre in England. Nachdem Punk an seine stilistischen Grenzen geriet, sollte neben und aus Postpunk ein neuer, anspruchsvollerer Sound eine Generation an Musikern hervorbringen, deren Werke noch heute große Beachtung finden, und das nicht nur bei Fans, die dessen Entstehen miterlebten, sondern insbesondere bei den nachfolgenden Generationen der schwarzen oder vielleicht besser dunkelromantischen Szene. Der Autor beschreibt dabei die Anfänge dieses Musikstils unter Berücksichtigung der Beweggründe der Musiker, u.a. beeinflusst von (gesellschafts)politischen Rahmenbedingungen, hochkarätiger Literatur, Filmkunst und vor allem den persönlichen Visionen und Umständen der in seiner Abhandlung vielzitierten Protagonisten jener Ära.
Er portraitiert den Werdegang großer Namen wie u.a. Bauhaus, Siouxsie and the Banshees, Joy Division, The Mission, Nick Cave, The Cure, The Sisters of Mercy, The Damned, Alien Sex Fiend, Sex Gang Children, The Fields of the Nephilim ... und erklärt, welche Bedeutung das Album "The Idiot" von Iggy Pop für viele Musiker dieser Zeit hatte und warum gerade manche dieser großartigen Künstler nicht wirklich mit der Definition Goth(ic) etwas anfangen wollten und warum für manche der Begriff tatsächlich maßgeschneidert sein sollte. Der Leser erfährt Interessantes und Wissenswertes über die Wurzeln jener Musiker, von deren Anfängen und Schaffen, deren Herausforderungen mit der Musikindustrie, deren Höhenflügen aber auch Scheitern und den Auswirkungen auf die individuelle Lebenssituation sowie natürlich - neben anderen Lokalitäten - etwas über das Batcave, den berüchtigten Londoner Szeneclub. Dies wird zudem durch umfangreiche Zitate der handelnden Personen sowie beigesteuerte Fotoaufnahmen, insbesondere von Bleddyn Butcher und Mick Mercer, lebendig.
Für die eingefleischten Fans dieser Musik besonders wertvoll erscheint die auf den Seiten 368 bis 423 erarbeitete Chronik musikalischer Veröffentlichungen, Liveauftritte und sonstiger Ereignisse während der Jahre 1976 bis 2002 unter dem Titel "Das schwarze Buch der dunklen Taten". Aber auch der sich weniger mit diesem Genre auskennende Leser sollte sich für jene faszinierende Periode musikalischen Schaffens und insbesondere deren zahlreiche Werke begeistern lassen.

Dave Thompson: Schattenwelt. Helden und Legenden des Gothic Rock. Übersetzt von Kirsten Borchardt. Höfen: Verlagsgruppe Koch GmbH/Hannibal 2004. ISBN 3-85445-236-5. 423 Seiten. 19,90 Euro. http://de.wikipedia.org/wiki/Dave_Thompson, www.hannibal-verlag.de
 

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