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Volly Tanner & Oliver Baglieri: Zerwühlte Tage - Zerknitterte Nächte
von *tf anno 2007

Volly Tanner & Oliver Baglieri: Zerwühlte Tage - Zerknitterte Nächte

Großformatig in den Abmessungen 20 x 30 Zentimeter ist das neueste Werk von Volly Tanner erschienen. Neuer Verlag, neues Glück, so könnte man ob der Tatsache meinen, dass Tanner noch nie so aufwändig und professionell unters Volk gebracht wurde. Auffällig neben dem erwähnten Super-Size-Format ist vor allem die einfühlsame fotografische Umsetzung der Tannerschen Ergüsse durch Oliver Baglieri, der extra für die Großstadtpoesie des underdoggigen Punkrebellen sein favorisiertes Fotomodell Nina Kresse ins Rennen bzw. vor die Linse schickte. Und so ist der Titelblattankündigung, hier würden "Fotolyrixx" präsentiert, rein formal bereits Genüge getan. O.B. und V.T. gehen allerdings in ihrem Gemeinschaftswerk weit über das hinaus, was nötig gewesen wäre. Die atmosphärische Dichte der Fotografien ist den dichten Tannerschen Wortreflexionen durchaus ebenbürtig. Fast könnte man meinen, dass das Lustprinzip bei der Auswahl der Texte und Bilder ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hatte. So dicht und gleichzeitig so spielerisch ist die Komposition gelungen, dass es schon beim ersten Durchblättern gelingt, das Besondere der Zweier- (bzw.) Dreierbeziehung lustvoll und mit Gewinn für Auge, Herz und Hirn aufzuspüren. O.B.s Bilder verhehlen nicht, dass er hauptsächlich im schwarzen Milieu mit der "Knippse" unterwegs ist. So haben die Fotos den Reiz des Morbiden ebenso wie die Verführung der Leichtigkeit in schwarzromantischem Blickwinkel eingefangen. Wichtig dabei erscheint mir, dass es dabei nie zur Pose gerät, zum gestelzten, leicht überheblichen Ausdruck des wissenden Fotografenauges. In so fern haben es V.T.s Texte mehr als leicht, sich zu entfalten. Auch hier fällt auf, dass der Charme der Verse eher ein morbider ist, der trotzdem oder gerade deshalb dem Leben ein kämpferisches "Ja!" entgegenschreit. Folgt man Omas Spruchbeutel, könnte man formulieren: "Je härter die Schale, desto weicher der Kern" oder "Je härter der Stoff, desto weicher die Verse". In ein Bild gepresst erscheint Tanners Poesie wie ein zähnefletschender Straßenköter überdurchschnittlicher Größe, der über einem knurrt ... und wenige Sekunden später kommt Herrchen oder Frauchen Autonom daher, der/die einen kräftigen Schluck aus der Pulle nimmt und beiläufig meint: "Keine Angst, der will nur spielen". Verse zwischen Existenzialismus und Trunkenheitsfantasie, die zeigen, dass ein im Straßenkampfe erprobter und zernarbter Kerl beim Anblick weiblicher Zerbrechlichkeit auch nur der gute Ritter sein will, der den Drachen besiegt. Anrührend in diesem Zusammenhang sind aus meiner Sicht vor allem diejenigen Poeme, in denen Tanner Mut zum Duseligen, gelegentlich in etwas sentimentaler Sprache, zeigt. Das fühlt sich für mich an wie eine süßliche Ballade mitten auf dem Kreischalbum einer aggressiven Metalherde, die es sich leisten kann, nicht immer nur böse und gefährlich sein zu müssen. Glückwunsch Volly, Glückwunsch Olly! Ein wirklich gelungenes, empfehlenswertes Buch (und prima Geschenk zum Valentinstag obendrein ...).

Volly Tanner & Oliver Baglieri: Zerwühlte Tage Zerknitterte Nächte, Edition PaperONE, www.EditionPaperONE.de, ISBN 3-939398-31-4, 96 Seiten mit zahlreichen Fotografien, Großformat, 9,95 Euro
 






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