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Gilles Paris: Autobiografie einer Pflaume
von mh anno 2004

Gilles Paris: Autobiografie einer Pflaume

"Nicht jeder hat das Glück, ein Waisenkind zu sein!", dieses Resümee lässt der Autor seinen Hauptakteur Icare, genannt Pflaume ziehen.
Gilles Paris' einfühlsamer, aus der Sicht eines Neunjährigen erzählter Roman ist nicht unbedingt ein Buch für Kinder, sondern eine wunderbare Liebeserklärung an Kinder und schlussendlich auch - an das Kind in uns. "Pflaume" hat eine unsentimentale klare Weltsicht, einen geradlinigen Mut und die vorbehaltlose Bereitschaft zu lieben.
Er nimmt die Unwägbarkeiten des Lebens so wie sie kommen, staunt, lacht und genießt es. Als Leser wünscht man dem sympatischen Jungen, dass er ein gutes zu Hause finden möge. "Pflaume" findet in der Schicksalsgemeinschaft im Waisenhaus zum ersten Mal in seinem Leben in der Erzieherin Rosi eine mütterliche Freundin, Freunde und auch eine gleichaltrige Freundin Camille, die ihm schließlich eine Schwester wird. Obwohl das Ende gut verläuft, ist der Roman nicht sentimental rührselig. Es fügt sich ein Ereignis logisch mit dem anderen zusammen, wie es für "Pflaumes" Leben natürlich ist. Er hat Glück im Unglück, findet in seiner unbekümmerten Art Helfer die ihm zur Seite stehen.
Die Geschichte ist poetisch geschrieben und fein ausgewogen zwischen lebensklugem Humor, Nachdenklichkeit und Situationskomik. Mit "Pflaume" bekommen die literarischen Waisenkinder Oliver Twist und Mowgli einen Gefährten. Die Zeitschrift "Le Canard Enchainé" ordnet das Buch als französischen Überraschungsbestseller ein, der herb, komisch und wie die Kindheit selbst geschrieben wurde.
Melanie Walz ist es gelungen, in der Übersetzung den französischen Charme der Menschen mit einfließen zu lassen. Natürlich ist es die Liebe, die die Akzente setzt, das Leben des Jungen wieder lebenswert macht. Der Polizist Raymond schließt den Jungen, wie es zart anklingt, als Sohn ins Herz, Rosi bemuttert ihn und Camille liebt ihn, wie man nur als Kind lieben kann.
Dieses Buch zeigt, wie ein Kind leben lernt. Es erinnert daran, wie großmütig und nachsichtig die Kinder dieser Welt mit den Erwachsenen sind.

Der Autor Gilles Paris ist Pressechef eines großen Pariser Verlagshauses. Sein Romandebüt "Paps et Mama sont mort" wird derzeit verfilmt.
Melanie Walz übersetzte auch Arbeiten von Charles Dickens, Laurence Norfolk, E. Annie Proulx und Jean-Jacques-Rousseau. Sie wurde mit dem Heinrich-Maria-Ledig-Rowohlt-Preis und dem Zuger Übersetzungsstipendium ausgezeichnet.

Gilles Paris: Autobiografie einer Pflaume. Aus dem Französischen von Melanie Walz. Knaus-Verlag 2004. ISBN 3-8135-0213-9. 240 Seiten, 19,90 Euro.






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