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Barbara Mürdter: Woody Guthrie. Die Stimme des anderen Amerika
von sk anno 2013

Barbara Mürdter: Woody Guthrie. Die Stimme des anderen Amerika

Woody Guthrie wäre im letzten Jahr 100 Jahre alt geworden. Er ist der vermutlich bekannteste und einflussreichste musizierende Landstreicher der westlichen Welt. Kommunist und Weiberheld, ungewaschener Zausel und Starrkopf, Schreiber der inoffiziellen Hymne der USA ("This Land Is Your Land") und notorischer Pleitegeier. Seine Gitarre war nicht einfach sein Instrument. "This machine kills fascists" stand auf ihr geschrieben. Sein Geld gab er für mittellose Arbeiter und Musiker aus, vergaß dabei aber immer seine Familie. Woody war die Folie für Bob Dylan, der sich His Bobness anglich und so seinen eigenen Weg in den Folk fand. Guthrie war die Stimme der durch die Sandstürme in den Great Plains und der großen Depression arbeits- und obdachlos gewordenen Menschen. Sein Leben ist so bewegt wie viele Leben der 1930er Jahre in den USA. Und durch seine Biographie bekommt man einen Einblick in ein Land, das scheinbar mit der USA, wie wir sie heute zu kennen meinen, kaum etwas tun hat (und von daher ist der Untertitel mehr als berechtigt).
Barbara Mürdter versucht einen Einblick zu geben in das Leben Woody Guthries, seine Musik und das politische und gesellschaftliche Umfeld, aus dem sich Guthries Kunst speist. Sie tut dies auf unaufgeregte Weise, chronologisch und stilistisch geradlinig. Literarische Ambitionen sind ihr fremd, aber das wäre dem Thema vielleicht auch unangemessen. Der Blick, den sie liefert, ist aufschlussreich und erhellend und wirkt wie eine nüchterne Bestandsaufnahme einer Zeit, die sich immer noch am besten in John Steinbecks "Früchte des Zorns" wiedergegeben findet. Leider sind die Ausführungen an vielen Stellen etwas zu knapp geraten, gerne wüsste man mehr über seine Kontakte zur Folk- und Bluesszene, seine eigenen Wandlungen im politischen Bewusstsein oder über politische und sozio-kulturelle Hintergründe. Dennoch ist hier ein guter, leicht lesbarer Einstieg in das Werk Guthries und seine Zeit gegeben, der aber vor allem eines macht: Hunger auf mehr. Auch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Mürdters Buch wie eine Kurzfassung der hervorragenden Guthrie-Biographie von Joe Klein wirkt. Damit werden zwar keine neuen Blicke oder Perspektiven eröffnet, aber vielleicht auf eine einfach zugängliche und knappe Weise ein Zugang zu Woody Guthries Werk eröffnet.

Barbara Mürdter: Woody Guthrie. Die Stimme des anderen Amerika. Berlin: Neues Leben 2012. ISBN 978-3-355-01801-2. 240 Seiten. 17,95 Euro



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