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Thomas Mania (Hrsg.): On the Road. Unterwegs sein - Ein Mythos der Popkultur
von tk anno 2009

Thomas Mania (Hrsg.): On the Road. Unterwegs sein - Ein Mythos der Popkultur

Bei vorliegender Dokumentensammlung handelt es sich nicht etwa um die reflektierende Darstellung persönlicher Erlebnisse der vertretenen Autoren, sondern um ein Begleitwerk zur gleichnamigen Ausstellung, die von August 2008 bis Januar 2009 im rock'n' popmuseum im westfälischen Gronau stattfand. Beim erstmaligen Durchblättern fällt auf, dass die durchweg schrill-bunte und plakative Bebilderung zunächst weniger zum Lesen als vielmehr zum Staunen und Entdecken einlädt. Die Autoren versuchen anhand von Personen und Gruppierungen, die in irgendeiner Form popkulturelles Leben und Wirken praktizier(t)en, einen Gegenentwurf zur Sesshaftigkeit Otto-Normal-Bürgers zu zeichnen. Unter ihnen finden sich Roadies, Biker, Trucker, Hippies, Musiker, Freaks & Folks jeglicher Couleur. Dass ausgerechnet der selbsternannte Führer der einzigen Arbeiterpartei Deutschlands, nämlich kein Geringerer als NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, diese Ausstellung gefördert und unterstützt hat, verwundert schon sehr. Interessant ist vor allem die differenzierte Darstellung der subkulturellen und sozialen Räume, in denen sich mobilisiertes Leben abgespielt hat. Den Vereinigten Staaten von Amerika kommt hier eine besondere Rolle zu, da sich der Freiheitsbegriff, das "Unterwegs-Sein" auf der berühmten Route 66 (selbstverständlich mit einem alten Cadillac und "Born To Be Wild" von Steppenwolf im Ohr) nicht zuletzt durch die vielen Einwandererströme im 19. Jahrhundert nirgendwo sonst so authentisch manifestiert hat. Dieses Faktum stellt Thomas Mania allen anderen Strömungen und Entwicklungen voran. Besondere Aufmerksamkeit dürfte für den deutschen Popkultur-Interessierten der Beitrag von Friedrich von Borries und Jens-Uwe Fischer zur Country-Bewegung in der ehemaligen DDR finden. Der Wilde Westen fängt mit Truck Stop eben nicht erst hinter Hamburg an. Mit den Filmen "Berlin-Ecke Schönhäuser" (1957) und dem Indianerstreifen "Die Söhne der großen Bärin" (1966) wurde ein Imaginationsfeld erschaffen, um die eng gesteckten Grenzen sozialistischer Ideologie zu überwinden und den "American way of life" zu implizieren. Indianistikclubs, Westernhelden, Cowboyromantik und Countrymusic galten selbstredend als "sozialistische Hobbies". Gab es da mal nicht ein christliches Country-Festival im Erzgebirge, rls? (Einige Bands dieser Sorte, ja - aber ein Festival? Das muß vor meiner Zeit gewesen sein - Anm. rls)
Zum popkulturellen Standardinventar gehört unbestritten die Biker- und Roadiebewegung. Eine blitzblank polierte Harley Rocker C sowie klassische Bikermusik wie der Blues und Southernrock sind essentielle Attribute einer immer noch von bösen Buben und martialischen Hells Angels beherrschten Bewegung. Die weiteren Kapitel zum Unterwegssein in Film, Kunst und Kultur werden anschaulich und spannend erzählt, dürften aber auch nur für diejenigen interessant sein, die sich die Ausstellung angesehen haben. Letztlich wird jeder Leser die Kapitel beackern, die seinem Interessengebiet entsprechen. Ein informatives und weitgehend sehr gut recherchiertes Werk, das man zum Schmökern immer wieder gern aus dem Regal zieht.

rock 'n' popmuseum/Thomas Mania (Hrsg.): On the Road. Unterwegssein - Ein Mythos der Popkultur. Telos Verlag Münster 2008. ISBN/EAN: 978-3-933060-24-2, 282 S., mit ca. 250 Farbabbildungen, 19,95 Euro
 
 




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