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Matthias Kruse (Hrsg.): Interkulturelle Musikerziehung
von Reinhard John anno 2003

Matthias Kruse (Hrsg.): Interkulturelle Musikerziehung

Dieses Buch wendet sich an eine sehr kleine Zielgruppe: Musiklehrer und -lehrerinnen der Sekundarstufen, die Migrantenkinder in ihren Klassen haben oder die im Musikunterricht interkulturelles Lernen befördern wollen. Interkulturell bedeutet hier ein weites Feld der Begegnungen, von Blues bis zur chinesischen Oper, von Klezmer bis Gamelan. Der Herausgeber leitet das Buch ein mit Überlegungen zu den Zielen, Chancen und Grenzen interkulturellen Musiklernens: Geschichte und pädagogische Konzeptionen, Grenzen unserer Kompetenz für Musik anderer Kulturen, Musik in ihrem ursprünglichen Kontext, "Crossover" in der multikulturellen Gesellschaft, fächerübergreifendes interkulturelles Lernen.
Es folgen praxisnahe Überlegungen von Diana Harris, wie man bei muslimischen Kindern und ihren Familien religiöse Vorbehalte gegen Musik und Musikunterricht abbauen kann. Wolfgang Martin Stroh liefert zur Klezmermusik teilweise historisch ungenaue Informationen, aber brauchbare Skizzen von Unterrichtseinheiten. Werner Abegg ("Jüdische Musik zwischen Isolation und Integration") referiert sehr viel Fakten, die dann doch nicht in seinen Unterrichtsentwurf einfließen. Doris Klebes "Zum 'Crossover' in der HipHop-Musik türkischer Migrantenjugendlicher in Deutschland" ist ein Szene-nahes Unterrichtsmodell mit viel Hintergrundwissen. Claudia Breitfeld ("Türkische und arabische Musik") bietet viel Info über weltliche und islamische Musik, dazu knappe Unterrichtsanregungen, deren Lernziel kaum reflektiert wird. Etwas esoterisch.
Walter Lindenbaum erzählt die faszinierende Geschichte und Musikgeschichte der Rastafarians - Reggae, Ska, Dub in Jamaika, in den USA und Europa, ohne pädagogische Anwendung, aber sehr gut zu lesen. Bernd Hoffmann beschreibt Blues und Rap als gesungenen Sozialreport, analysiert Formen und Texte und schlägt vor, Schüler und Schülerinnen im Blues eigene Geschichten erzählen zu lassen. Mbube/Wimoweh/The lion sleeps tonight ist vielen Schülern und Schülerinnen gut bekannt. Markus Detterbeck hat zu diesem Song umfangreich recherchiert. Sein großes Unterrichtsmodell mit viel Hintergrund-Info und aktivem Musizieren ist wohl für ein Gymnasium mit wirklich neugierigen SchülerInnen geeignet.
Günter Kleinen vergleicht die chinesische Oper Turandot mit Puccinis Oper zum gleichen Stoff. Die umfangreichen Fakten werden kaum für den Unterricht aufbereitet. Dieter Mack lässt Gamelan-Musik aus Indonesien im Unterricht hören und spielen/singen. Das Lernziel bleibt unklar: "Vielleicht hat man einen ersten Eindruck von einer anderen, noch unbekannten und reichen Vielfalt bekommen."
Insgesamt war ich beim Lesen manchmal begeistert, manchmal ratlos. Für die intensive Beschäftigung mit Musik anderer Kulturen und für dieses Buch gilt der Titel eines anderen Buches, das der Herausgeber zitiert: "Je länger man hinsieht, desto fremder schaut es zurück."

Matthias Kruse (Hrsg.): Interkulturelle Musikerziehung. Musikpraxis in der Schule, Band 7. Kassel: Gustav Bosse Verlag 2003. ISBN 3-7649-2697-X. 143 Seiten und eine Audio-CD, 24,95 Euro
 






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