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Volkmar Kramarz: Die PopFormeln
von *tf anno 2006

Volkmar Kramarz: Die PopFormeln

Die Harmoniemodelle der Hitproduzenten zu entschlüsseln und zur weiteren Nutzung zur Verfügung zu stellen - das ist der Ansatz des vorliegenden Buches aus dem Hause Voggenreiter, geschrieben vom "Dr. Rock", seit einigen Jahren an der Uni Bonn im Fach Musikwissenschaft tätig. Die Schrift reiht sich ein in die Versuche, neue Modelle zum Verstehen von Popmusik zu entwickeln. Hier ist das Bestreben erkennbar, sich nicht auf die sogenannten musikalischen Tertiär- oder Quartärkomponenten wie Sound oder Jugendbezogenheit zu konzentrieren, sondern Variationen herkömmlicher Analysemethoden der Musikwissenschaft zum Beschreiben von Popmusik nutzen. Die von Kramarz entwickelten Pop-Formeln gehen dabei - ohne dass es explizit erwähnt wird - auf den bereits in den achtziger Jahren verwendeten Begriff der Patterns zurück. So neu, wie der Ansatz sich gibt, ist er also nicht. Dennoch lohnt sich die Lektüre des Buches. Zum einen, weil hier an Hand ausgewählter Beispiele verdeutlicht wird, welchen Stellenwert die Pop-Formeln für die Konstruktion eines Songs haben, zum anderen, weil hier Schritt für Schritt in die musikalische Logik des Pop eingeführt wird. Auch Hinweise auf populäre Akkordfolgen vergangener Epochen sind in Kramarz' Schrift enthalten und stellen den Begriff des Populären in der Musik in einer seiner vielen Facetten in das Bezugssystem des Pop.
Der Anspruch des Autors, die Pop-Formeln für jedermann nutzbar zu machen, lässt herkömmliche Notationsformen außen vor. Statt dessen bezieht sich Kramarz auf das sogenannte Tonnetz, eine Methode zur Darstellung von Tonbezügen und daraus abgeleitet auch harmonischen Verwandtschaften. Mit dieser Form der Notation kann man sich anfreunden, muss es aber nicht. Ich persönlich halte die Darstellung von Ton- und Akkordverwandtschaften mittels Quintenzirkel immer noch für die gelungenste Variante und habe deshalb zugegebenermaßen einige Schwierigkeiten mit dem Tonnetz. Hier sollte jeder prüfen, wie er damit zurechtkommt. Machbar ist es auf jeden Fall. Was ich etwas vermisse, ist eine stärkere Anbindung der Akkordbezeichnungen an die (amerikanische) Akkordsymbolschrift, wie sie in der Mehrzahl der Pop-Song-Sheets oder auch in den Re(a/e)lbooks zu finden ist.
Kramarz gliedert sein Buch übersichtlich in 12 Kapitel, in denen jeweils eine musikalische Stilistik, ein Pop-Genre vertreten ist. Die Erläuterungen innerhalb der Kapitel sind gut verständlich und leicht nachvollziehbar. Besonderen Spaß macht die Entdeckung bekannter Hits, die nach der jeweils vorgestellten Pop-Formel konstruiert sind. Dazu kommt ein eigens für jedes Kapitel komponierter Song, der das Gelesene verdeutlicht und vertieft. Die Songs sind auf beigelegter Audio-CD zu finden und nachvollziehbar arrangiert. Zu allen musikalischen Beispielen gibt es auch noch die Playback-Version, die man zum eigenen Ausprobieren nutzen kann. CD 2 enthält sämtliche Klangbeispiele noch in computerlesbarer Form. Die Pop-Formeln sind so ein multimediales Ereignis, auch wenn die Einfügung der CDs ins Buch technisch besser hätte bewerkstelligt werden können - z.B. mit Druckhalterung.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass mit den Pop-Formeln ein interessanter Versuch unternommen wird, die Konstruktion von Popmusik nachvollziehbar und leicht nutzbar zu machen. Diese Unternehmung kann als gelungen bezeichnet werden. Die Möglichkeit, eigene Songs, die unter Verwendung der Kramarz'schen Pop-Formeln entstanden, dem Autor zur Begutachtung und Veröffentlichung zuzusenden, rundet den kommunikativen Charakter des Buches ab. Auch die Internetsammlung "Hits & Formeln", die auf der Website des Autors zu finden ist, kann als gelungene Idee gelten. Wer schon immer mehr über die musikspezifische Machart von Pop wissen wollte, ist mit den "PopFormeln" gut bedient.

Volker Kramarz: Die PopFormeln. Die Harmoniemodelle der Hitproduzenten, Voggenreiter 2006, ISBN 3-8024-0552-8, 160 Seiten inkl. 2 CDs, 19,95 Euro, www.kramarz-bonn.de, www.voggenreiter.de



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