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Klaus Farin/Hendrik Neubauer (Hg.): Artificial Tribes
von *tf anno 2002

Klaus Farin/Hendrik Neubauer (Hg.): Artificial Tribes

Der Untertitel des vorliegenden Buches aus der Schriftenreihe des Archivs der Jugendkulturen ist für den Nichtanglizisten gedacht: es geht um jugendliche Stammeskulturen, hier speziell deutscher Ausprägung. Der Begriff der Stammeskulturen ist dabei ein nützliches Vehikel, um wieder etwas Licht in den Dschungel jugendlicher Artenvielfalt zu bringen. Ganz zu Recht wird bereits zu Beginn der Lektüre darauf verwiesen, dass die Ausdifferenzierung jugendlicher Kulturen dazu geführt hat, dass nicht nur professionelle Jugendforscher, sondern zum Teil auch die Jugendlichen selbst mittlerweile weder Überblick noch Orientierung in selbigen haben. Als theoretisches Werkzeug kommt genau in diesem Dilemma der Begriff „Stammeskulturen“ zum Einsatz. Stammeskulturen verfügen demnach über Merkmale wie gleiches Outfit, eigene Sprache, eigene Rituale, eigene „Reservate“ und vor allem eigene Musik der zugehörigen Individuen. Das leuchtet nicht nur auf den ersten Eindruck ein, es ist eine folgerichtige Weiterentwicklung solcher Begriffe wie „Subkulturen“, „Szenen“ und „Milieus“. Der wesentliche Unterschied zu den eben genannten besteht sicher darin, dass die Bildung von Stämmen von innen nach außen geschieht und die Abgrenzung zu anderen Stämmen über eigene Codes gewährleistet wird. Bisherige Annahmen waren eher klassifizierend und idealtypischer Natur. Systemisches Denken nun also auch in voller Breitseite im Bereich der Jugendforschung. Aber letztlich endet wohl jeder Versuch einer Beschreibung sich ausdifferenzierender Phänomene in systemtheoretischen Modellen.
Was ist für den Leser im Einzelnen zu erfahren? Nun, ganz á la „Bilder einer Ausstellung“ gibt’s wissenswertes über Rockabillies, Psychobillies, Skinheads, Punks, Gothics, Schwermetaller, HipHopser und Technoide. Die Artikel sind überwiegend ebenso informativ wie flüssig und unterhaltsam geschrieben. Einige der Autoren setzen sich zudem noch explizit mit wissenschaftstheoretischen Ansätzen über die jeweils vorgestellten Stämme auseinander. Passend dazu gibt’s wieder erstklassige Fotos, welche die Texte stimmungsvoll ergänzen. Alles in allem ein höchst empfehlenswertes „Brehms Tierleben“ in menschlicher Adaption.

Klaus Farin/Hendrik Neubauer (Hg.): Artificial Tribes. Berlin: Archiv der Jugendkulturen 2002. ISBN 3-933773-11-3. Kontakt: www.jugendkulturen.de



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