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Cla Reto Famos & Ralph Kunz (Hrsg.): Kirche und Marketing
von *tf anno 2006

Cla Reto Famos & Ralph Kunz (Hrsg.): Kirche und Marketing

Kirche und Marketing - passt das zusammen? Bringt es kirchliches Denken und Handeln weiter, wenn es sich auf Marketing einlässt? Oder ist dies eher doch ein Ausdruck hilflosen Umhertastens in einer schwierigen Situation, der sich die Kirchen in der Gegenwart ausgesetzt sehen? Um es gleich vorweg zu nehmen: Marketing ist für Kirche ein durchaus hilfreiches Instrument in der Reflexion eigenes Handelns, in der Bestimmung ihrer Zielgruppen, ihrer notwendigen und erwarteten Aufgaben sowie zur Entwicklung von Strategien, die man im besten Sinne als "Kundenbindung" betrachten könnte.
Bereits in der Einleitung machen die Herausgeber am Beispiel der Krankenhausseelsorge und der Konfirmation deutlich, welche Chancen sie in der konsequenten Anwendung von Marketingkonzepten für die Kirchen sehen. Der Akt der Konfirmation kann so in einem größeren Zusammenhang gesehen werden. Ist er nur Passageritus, wie oftmals praktiziert, oder ist Konfirmation in der Lage, ein wichtiger Meilenstein im Leben der Konfirmanden zu werden und so nachhaltigen Einzug in die Biographien von Menschen zu finden? Marketing als ein Konzept, welches vor allem auf Nachhaltigkeit baut, scheint so gerade im Zusammenhang mit kirchlicher Praxis durchaus brauchbar zu sein. Wenn es den Kirchen im theologischen Sinne darum geht, Gefolgsleute für das Evangelium zu sammeln, zu bilden und zum Weitersagen der Guten Nachricht zu befähigen, so geht es im Marketing vor allem darum, Kunden zu akquirieren, zu binden und diese zu Multiplikatoren von Produkten oder Dienstleistungen werden zu lassen.
Die Schwierigkeit, welche Kirche mit dem Begriff "Marketing" hat, ist den Herausgebern zu Folge vor allem das Missverständnis, was Marketing eigentlich meint. Hier sind es vor allem Verwechslungen mit Strategien des Ökonomismus, die einen Zugang erschweren. Dazu kommt, dass eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Marketingkonzepten und Kirche seit Anbeginn Randerscheinung, gar Mangelware ist. Solange es keine äußeren Zwänge gab, die dieses Thema zu einem aktuellen werden ließen, ignorierte man kirchlicherseits alles, was mit Markt in Zusammenhang stand. Hier wurde Religion nach alter bürgerlicher Manier vor allem als Bildung verstanden, nicht als Angebot, das sich an möglichst viele richten sollte. Drängend ist das Problem geworden, seit die evangelikalen Kirchen vor allem in den USA das Thema Marketing mit zum Teil recht abstrusen Strategien verbanden, um "Kunden" für die eigenen Zwecke, die eigenen Gemeinden zu gewinnen, und dabei ekklesiologische und ökumenische Zusammenhänge völlig ausblendeten.
Was die Kirchen nahezu prädestiniert, Marketingkonzepte zu entwickeln, ist ihre systemische Konstruktion. Innerhalb des Systems Kirche sind es vor allem die übergreifenden Konzepte, die nach Meinung der Herausgeber Bestand haben werden. Kirche, die am ganzen Menschen und an seinem ganzen Leben interessiert ist, wird sich verstärkt (wieder) auch in ihren Konzepten und Angeboten auf diese Ganzheit einstellen müssen. Nur dadurch kann es gelingen, nicht ein religiöser Anbieter neben anderen zu werden, der noch dazu mit kulturellen Angeboten und Offerten der Freizeit- und Unterhaltungsindustrie konkurrieren muss. Die Frage des Marketings ist somit eine Anfrage an kirchliches Selbstverständnis und kirchliche Strategie insgesamt. Sollte hier ein Umdenken erfolgen, dann hat dieses Buch schon Erfolg gebracht.
Allen Theologen und theologischen Laien sei die Lektüre dieses nicht zu umfangreichen Buches wärmstens anempfohlen. Darüber hinaus ist es ein interessantes Lehrstück, welche Antworten interdisziplinäre Wissenschaftsanstrengung zu erbringen mag. Kaufen!

Cla Reto Famos & Ralph Kunz (Hrsg.): Kirche und Marketing. Beiträge zu einer Verhältnisbestimmung, Theologischer Verlag Zürich 2006, ISBN 3-290-17380-1, 278 Seiten, 22,50 Euro






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