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Luca Crippa/Maurizio Onnis: Wilhelm Brasse - Der Fotograf von Auschwitz
von *tf anno 2015

Luca Crippa/Maurizio Onnis: Wilhelm Brasse - Der Fotograf von Auschwitz

Die Ausleuchtung des Ateliers ist von besonderer Bedeutung, der Blick durchs Objektiv von Kennerschaft geprägt. Er ist ein Meister im Retuschieren, ein Fotograf mit Leib und Seele. Er ist der Fotograf von Auschwitz.
Es ist Wilhelm Brasse, der Häftling mit der Nummer 3444, der die auf Zelluloid gebannte Erinnerung an die Opfer und Peiniger, den demoralisierenden Lageralltag und die grauenvollen Experimente der Lagerärzte vor der Vernichtung bewahrte und somit ihr Vermächtnis bewahrte. Das vorliegende Buch aus der Feder der italienischen Journalisten und Historiker Luca Crippa und Maurizio Onnis erzählt seine Geschichte.
Und nicht nur dies. Über die biographische Dokumentation des Lebens von Wilhelm Brasse, der als deutsch-polnischer politischer Gefangener den Beginn und das Ende des Vernichtungslagers Auschwitz miterlebte, werden die Geschichten der über 50.000 von ihm porträtierten Mitgefangenen sichtbar. Teils hochemotional verdichtet in bedrückenden Einzelschicksalen, teils in der funktional-nüchternen Beschreibung des Funktionierens der Todesmaschine.
Nein, kalt lässt den Leser keine Seite dieses Buches. Und dies, obwohl die Verfasser die Hauptperson Wilhelm Brasse und die um ihn herum platzierten Akteure aus der Distanz der dritten Person zu Wort kommen lassen, mithin einen durch die Beobachtung des Geschehens und der Personen inszenierten Abstand wahren, der das Lesen erträglich macht. Dennoch - und dies ist das Verdienst der beiden Autoren - bleibt dieses Buch nicht unpersönlich. Im Gegenteil: Hier entwickelt die Erzählebene durch das Einbeziehen des lesenden Beobachters die notwendige persönliche Hinwendung zum Geschehen, ohne mit diesem zu überfordern. Das Verstehen des Unverständlichen stellt sich so nicht ein - wohl aber die wahrhaftige Anteilnahme an den vielen Genannten und Ungenannten und ihren Schicksalen.
Die Geschichte des Lagerfotografen Wilhelm Brasse ist ein in höchstem Maße angemessener Blickwinkel, um von Auschwitz zu erzählen. Ein Buch, das selbst im allzu Hoffnungslosen immer wieder Hoffnung aufscheinen lässt. Ein großartiges Werk von der Würde des Menschen inmitten der von ihm errichteten Hölle auf Erden. Verstörend und erhellend zugleich.

Luca Crippa/Maurizio Onnis: Wilhelm Brasse - Der Fotograf von Auschwitz. München: Karl Blessing Verlag 2014. 335 Seiten, broschiert. ISBN 978-3-89667-531-6. 19,90 Euro
 






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