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Markus Aretz (Hrsg.): Ein Heimsieg per Post. Kurioses aus 50 Jahren Bundesliga mit Borussia Mönchengladbach
von gl anno 2014

Markus Aretz (Hrsg.): Ein Heimsieg per Post. Kurioses aus 50 Jahren Bundesliga mit Borussia Mönchengladbach

Sie sind zwar "erst" zwei Jahre nach der Liga-Gründung ins Oberhaus aufgestiegen, so daß streng genommen der Aufstieg - gemeinsam mit Bayern München - im 2. Kurzkapitel, also der Saison 1963/64 das Thema ist, aber das ist nur eine Marginalie dieser unterhaltsamen Rückschau auf 50 Jahre mit der Mannschaft vom Niederrhein.
Auf jeweils vier Seiten gibt's einen oft amüsanten Rückblick auf die jeweilige Saison mit Verlauf der Spielzeit und immer einer Personalie des entsprechenden Jahres und zu jedem Jahr ein Zitat.
Es ist herrlich, in Erinnerungen zu schwelgen an die frühen Jahre mit Bernd Rupp, Peter Meyer, Herbert Laumen, dann natürlich die goldenen Jahre mit Günter Netzer, Berti Vogts, Hacki Wimmer (ein späteres Kapitel, das von 80/81, ist dem Denkmal zu ihren Ehren in der Fußgängerzone von Eicken gewidmet). Es sind aber eben die nicht allseits bekannten Geschichten (wie der Pfostenbruch und der Büchsenwurf, die jeder Gladbach-Fan schon kennt), sondern viele teilweise unbekannte Begebenheiten, die das Team der vier Autoren aus Borussias Medienabteilung ausgegraben hat und nicht nur für die, welche die Raute im Herzen tragen, zum Lesevergnügen anbietet. So wie die lustige Sache von 1969/70: "Per Anhalter zum Auswärtssieg". Der Bus blieb 25 km vorm Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern mit einem Leck am Kühler liegen. Die Spieler standen in Trainingsanzügen auf der Straße und es blieb ihnen nichts anderes übrig, als in Grüppchen zu trampen. Wolfgang Kleff, Günter Netzer und Ulrik Le Fevre gerieten an einen besonders freundlichen Pfälzer, der das Trio unbedingt noch daheim vorstellen und Kaffee und Kuchen anbieten wollte, so dass sie erst kurz vor Spielbeginn im Stadion eintrafen und dann auch noch mangels Trikots auf die blau-weißen Ausweichhemden der Heimmannschaft zurückgreifen mussten. (Was die Fohlenelf damals auf dem Weg zu ihrer 1. Meisterschaft übrigens nicht daran hinderte, dieses Spiel dennoch mit 4:1 zu gewinnen.)
Mehrere solcher interessanter Randnotizen werden nacherzählt, nehmen wir noch die aus der Saison 1974/75: "Kapitän fängt den Chef ein". Am Tag nach dem UEFA-Cup-Triumph gegen Twente Enschede platzte die Bombe: Hennes Weisweiler geht nach Barcelona! Manager Grashoff war so sauer, dass er zu einer kurzfristigen Mannschaftssitzung dem Trainer den Zugang verwehrte, woraufhin jener sich weigerte für Fotoaufnahmen der Mannschaft mit dem frisch gewonnenen Pokal sich dazu zu gesellen und im leeren Bökelbergstadion auf den Rängen umherlief. Berti Vogts sprang kurzerhand über den Zaun und überredete den Trainer.
Von meinem Lieblingsspieler Allan Simonsen, dem dänischen Torjäger, gibt's auch eine heitere Episode, und zwar wie er an einer Wurstbude im Winter 77/78 erfuhr, dass er Europas Fußballer des Jahres wurde, und es natürlich zunächst kaum glauben wollte.
Um nicht noch mehr dieser kuriosen Anekdoten preiszugeben, sei übergreifend gesagt, dass manch Stelle rückblickend geradezu grotesk wirkt, gerade im Hinblick auf finanzielle Aspekte und wie groß die Unterschiede zu heute doch sind. Auch sehr amüsant: 1989/90: "Nächtliche Spritztour zum Minigolf", mehr wird hier nicht verraten.
Nachdenkliche oder gar traurige Personalien werden ebenfalls thematisiert, hier mögen nur die Namen Igor Belanow oder der kürzlich für fünf Tage verschwundene, aber zum Glück wieder aufgetauchte Quido Lanzaat genannt werden oder auch der glücklose Australier Damian Mori. In diesem Zusammenhang: Weiß noch einer außerhalb der VfL-Fanszene, dass auch Giovane Elber mal bei Borussia Mönchengladbach unter Vertrag stand?
Eine Geschichte, nämlich jene aus der Saison 2005/06 "Falsche Tonlage", stößt einem jedoch übel auf, gerade angesichts der Tatsache, dass eine nahezu identische Situation jetzt nach der gewonnenen WM und Schweinsteigers Schmähgesang gegen den BVB offensichtlich lockerer gesehen wird: Nach einem mit 2:0 gewonnenen Spiel im Borussia-Park gegen den ewigen Rivalen, den 1. FC Köln, feiern die Spieler freudetrunken mit den Fans und Jeff Strasser (Luxemburger) und Casey Keller (Amerikaner) schnappen sich das Mikrofon und singen lauthals Fanlieder, die seit Jahrzehnten intoniert werden. Damals reichte die heute übliche "Entschuldigung" nicht, die Kölner machten Wirbel und der DFB verdonnerten die beiden damals zu 3000,- Euro Strafe.
Das Buch endet mit einem Rückblick zur Invasion von über 10.000 Borussen zum Europa-League-Spiel bei Lazio Rom.
Ja, ja, so könnte ich stundenlang weiter schwärmen, aber es geht halt jetzt wieder los, die Karte fürs Pokalspiel am nächsten Wochenende in Homburg ist gesichert und einmal dürft Ihr raten, für welches Team mein Herz schlägt …

Markus Aretz (Hrsg.): Ein Heimsieg per Post. Kurioses aus 50 Jahren Bundesliga mit Borussia Mönchengladbach. Göttingen: Verlag Die Werkstatt 2013. 208 Seiten, ISBN 978-3-7307-0050-1, www.werkstatt-verlag.de
 



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