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Flash, Curfew
17.12.1999 Chemnitz, Zoom
von
rls
"Bin ich hier richtig im Zoom?"
- "Hm, das weiß ich auch nicht." "Hier sollen heute Flash spielen."
- "Nee, hier spielen Oomph!" Die Orientierungsprobleme endlich gelöst
habend (der große Saal des Kraftwerks und das Zoom befinden sich
im gleichen Gebäudekomplex), stellte ich fest, daß der mir bekannte
Termin 21 Uhr keinesfalls den Gigbeginn, sondern den Einlaß markierte.
Bis Curfew um zehn nach zehn auf die Bühne stiegen, hatte sich das
größtenteils recht lauschige Zoom ganz passabel gefüllt,
läßt man die Leerzone vor der Bühne mal außer acht.
Curfew waren mir vorher gänzlich
unbekannt, aber ihr einstündiger Gig stellte unter Beweis, daß
die fünf Jungs nicht mehr so ganz grün hinter den Ohren sein
dürften. Soll heißen: Man ging recht professionell und ausgefeilt
zu Werke. Stilistisch gehören Curfew wohl am ehesten in die Alternative
Hardrock-Schublade, wobei eine Mixtur aus Deep Purple-Influenzen, einer
fröhlichen Variante von Nirvana sowie Westcoastpunkgitarrenmelodien
den Curfew-Sound am ehesten illustriert. Der Drummer sah zwar aus wie ein
Sachbearbeiter des Grundbuchamtes Stendal-Südwest im Vorruhestand,
trieb die Songs aber souverän voran, der Leadklampfer lag etliche
Male eine Spur daneben, machte dies aber sofort mit der nächsten Ohrwurmmelodie
wett, der Keyboarder war der Überbezahlteste dieses Gigs (man sah
ihn zwar des öfteren seine Tasten drücken, nur zu hören
war allzuoft nix von ihm), und der Sänger konnte eine gewisse stimmliche
Verwandtschaft zu Dead Trousers-Campino nicht verleugnen, was aber kein
Vorwurf sein soll. Ohne genauere Kenntnis der Umstände kann ich natürlich
nicht beurteilen, ob die Ansage, man widme den nun folgenden Song allen
weiblichen Wesen im Publikum (die übrigens die Mehrheit hatten), nun
ein geplanter Gag oder eine hübsche Freudsche Fehlleistung war (intoniert
wurde nämlich "Satisfy Me"). Unterm Strich unterhaltsame 60 Minuten,
obwohl sich auch der eine oder andere akutes Gähnen hervorrufende
Track in der Setlist tummelte. Spätestens das abschließende
"Believe", welches kein Savatage-Cover darstellte, obwohl es bei etwas
orchestralerem Arrangement und mit fetteren Gitarren auch auf "Dead Winter
Dead" nicht aus dem Rahmen gefallen wäre, machte die kleinen Durchhänger
vergessen.
Seit ich Flash erst- und letztmalig
live gesehen hatte, sind 15 Monate ins Land gezogen. Von daher war ich
natürlich sehr gespannt, was sich bei den vier Mädels aus Limbach-Oberfrohna
in der Zwischenzeit getan hat. Um es vorwegzunehmen: Nahezu nichts. (Abgesehen
davon, daß sich Keyboarderin Therese optisch nicht unbedingt zu ihrem
Vorteil verändert hat, aber das tut ja hier nichts zur Sache.) Flash
fahren immer noch eine Mucke auf, die meist mit den großen Rock'n'Roll-Reifen
durch die Gegend düst, an den Boxen aber auch noch den Bluesrock-
und den traditionellen Hardrock-Reifensatz vorrätig hat und die Reifenwechsel
bei den Boxenstops akkurater als Uns' Schumi bewerkstelligt. Musikalische
Weiterentwicklung? Fehlanzeige, und das soll auch so bleiben, erzählte
mir Sängerin/Bassistin Conny hinterher. Soll mir auch recht sein,
denn solange man nicht zur Kopie seiner selbst verkommt, ist gegen Stagnation
auf hohem Niveau nix einzuwenden, und obwohl eine stilistisch ähnliche
Areale beackernde Herde wie Skunk Anansie zu "Paranoid & Sunburnt"-Zeiten
professionell-routinierter zu Werke ging, haben sich Flash dafür einen
jugendlich-frischen Spirit bewahrt, der selbst hundertmal ähnlich
gehörten Riffs noch einen Extra-Kick verpaßte. Und ein Song
wie der in der Setlist an zweiter Stelle stehende (Namen sind Schall und
Rauch) hätte dem allgemein etwas überbewerteten "Nighttime Birds"-Album
von The Gathering sehr gut getan. Dazu kamen eine unbändige Spielfreude
und ein ebensolcher Bewegungsdrang, dem die Größe der Bühne
indes relativ enge Grenzen setzte (dafür war vor derselben immer noch
Raum, den einzelne Individuen zu ausgiebigem Tanzvergnügen nutzten,
während der Rest des Auditoriums vom Rand oder den Sitzecken aus kräftig
Beifall spendete). Der Sound muß stellenweise als etwas unausgewogen
gebrandmarkt werden (manchmal ging der Baß unter, manchmal verflüchtigten
sich die Tastenklänge auf dem Weg zum Hörerohr, dann wieder stimmte
plötzlich alles). Daß Conny reichlich heiser war, fiel prinzipiell
nicht ins Gewicht, aber bis zum Status "weiblicher Geddy Lee von Limbach-Oberfrohna"
hat sie schon noch ein Stück zurückzulegen, wie die hinterherige
Selbsteinschätzung "Ich kann eigentlich gar nicht Baß spielen"
unterstrich (so schlecht war's aber nun auch wieder nicht ...). Jedenfalls
boten auch Flash sehr unterhaltsame 60 Minuten inclusive eines Novums (daß
während der Ballade "Johnny" - bissel nach Klischee riechend, der
Text, aber Schwamm drüber -, bei der lediglich Gesang und Akustikgitarrenparts
vertreten waren, die beschäftigungslosen Bandmitglieder im Publikum
stehen, um sich das Ganze anzuhören respektive -zusehen, ist mir auch
noch nicht untergekommen), die mit meinem (Achtung, Ironie) Lieblingslied
"Knocking On Heaven's Door" schlossen (sehr gut umgesetzt, aber ich kann's
trotzdem nicht mehr hören - covert doch mal "Child In Time", Mädels!)
und unterstrichen, daß mit diesem Quartett noch zu rechnen sein wird.
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