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Kitago Voices    16.06.1998    Leipzig, Spizz
von rls

Die Kitago Voices, nach eigener Aussage "Leipzigs bekanntester Gospelchor", luden zur Record-Release-Party anläßlich des Erscheinens ihrer zweiten CD "more ..." ein, und nur der Leibhaftige wird wissen, warum sie sich dafür ausgerechnet eine von Leipzigs ungemütlichsten Kneipen (Erdgeschoß mit trostlosem Bahnhofswartehallen-Ambiente, Gigkeller bunkerartig) herausgesucht haben. Aber irgendwie paßte auch dieses Detail perfekt in den etwas zwiespältigen Eindruck, den dieser Abend bei mir hinterließ. Doch der Reihe nach:
Chaos bezüglich der Anfangszeiten ist man von Konzerten ja gewöhnt. Auch hier kursierten unterschiedliche Mitteilungen, von denen sich letzten Endes 21.00 Uhr als die richtige herausstellen sollte, nachdem der pflichtbewußte Rezensent und seine Begleiterin natürlich schon 20.00 Uhr erschienen waren. Nun gut, dachte man wohlwollend, die Musik wird einen ja wohl reichlich entschädigen, als die 17 SängerInnen endlich einmarschierten und das reichlich einstündige Konzert begann. Aber die erste Ernüchterung kam (wie auf der CD) schon beim Opener "Kumbayah": Die Drumparts klangen derart blechern und hohl, daß es einfach nur noch nervte. Auch stimmlich war eine ganze Reihe der SängerInnen nicht voll auf der Höhe, was diverse hyperschräge Klänge bei Akkorden und Harmonien verursachte, die einem die Fußnägel hochkrempelten. Selbst Chorkopf Sebastian Hentsch, der nebenbei auch noch passabel keyboardete, stieß partiell sehr früh an die Grenzen seiner stimmlichen Leistungsfähigkeit (die er bei einem Übersong wie "Caravan of Love" aber plötzlich spielend übersprang ...). Einzig und allein Jorinde Jelen konnte über die ganze Strecke überzeugen, und die Herren an den Instrumenten, allen voran der ein paar völlig abgedrehte Soli beisteuernde Gastsaxophonist, lieferten ebenfalls solide Leistungen ab. Sicherlich, viele der Kompositionen haben so viel Potential (allen voran "More Abundantly"), daß man sich schon ausgesprochen viel Mühe geben muß, um sie richtig zu versauen, und das schafften die Kitagos nicht, zumal sich garstige Mißklänge und gelungene Parts munter abwechselten. Den beim Verlesen der Sponsoren- und Freundesdankesworte ausgesprochenen Dank an den ständigen Bandtechniker hätten sich die Kitagos an diesem Abend auch sparen können, da er zwangsläufig wie bitterste Ironie wirken mußte, führt man sich die schwache Leistung des Knöpfchendrehers an diesem Abend vor Augen (oder besser Ohren): Der Chor war viel zu leise und kämpfte verzweifelt gegen die Dominanz der Instrumentalisten, nicht mal das Mikro, durch das die Ansagen gemacht wurden, drehte der Herr mal lauter, und auch der Gesamtsound war viel zu leise. Letztgenannter Fakt wäre ja kein Problem gewesen, hätten sich nicht die Myriaden von Freikartenschnorrern im hinteren Drittel und an der Bar so lautstark über Gott, die Welt und neue Frisuren unterhalten, daß sie streckenweise den Gesang übertönten (okay, wir hatten auch Freikarten, aber wir waren wenigstens aufmerksam). Der vordere Teil des Publikums war allerdings etwas unkritischer veranlagt als wir und feierte die Kitagos dennoch ordentlich ab, so daß sie selbstverständlich auch nicht ohne Zugabe von der Bühne kamen. Der Zauber-Effekt, der anschließend die CD "hervorbrachte", war nochmal recht nett anzusehen. Hernach verzogen wir uns aber und cancelten das anschließende Tanzvergnügen mit DJ BK.
Insgesamt bleibt wie gesagt ein eher zwiespältiger Eindruck und die Erkenntnis, daß auch erfahrene Musiker (immerhin haben die Kitagos schon über 80 Konzerte gegeben) mal einen schlechten Tag haben können. Wenn selbst die Gospel-Fanatikerin an meiner Seite nicht zufrieden ist, will das schon was heißen ...
 






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