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Villagers of Ioannina City, Pyjama Hill   04.11.2016   Jena, Kulturbahnhof
von jmt

Ankündigung: griechischer Stonerrock mit Klarinette. Klingt interessant, also spontan abends ins Konzert im Cosmic-Dawn-Rahmen.
Als Vorband, nein, als sehr kurzfristig eingesprungene Ersatzband spielt das Trio Pyjama Hill aus Erfurt einen handwerklich sehr soliden bluesigen Rock'n'Roll. Der Sänger-Gitarrist (Axl-Rose-Stirnbandträger) tritt, obwohl erkältet, stimmlich recht flexibel auf, mit Rockgekrächz in unterschiedlichen Nuancen, den Titeln angemessen auch leichten Punkanklängen und sogar princeoidem Fistelgesang. Das Programm ist abwechslungsreich, die Lieder allesamt kurz und knackig und klar strukturiert, Strophe-Refrain-Gitarrensolo klanglich gut voneinander abgesetzt. Die englischen Texte sind oft so genuschelt, dass es auch irgend'ne Phantasiesprache sein könnte - find'sch o.k. (Die meisten deutschen Musiker singen ja eh bloß englisch, weil das Deutsch ihnen zu unmittelbar verständlich und damit peinlich wäre.)
Zum Hauptprogramm wird es psychodelisch: Klarinette und Gitarre leiten mit sphärischen Klängen ein Instrumentalintro ein. Die Villagers of Ioannina City aus Ioannina/Griechenland lassen sich Zeit für die Entfaltung ihres Klanges, eines Klanges, in dem man baden kann. Dominiert von tiefem Gitarrenbrummen, das auch zwischen den Liedern nie ganz abebbt. Mit Bass und Schlagzeug entsteht ein überwiegend gemächlicher bis schleppender Groove, ideales Headbangtempo, das wird wieder Muskelkater im Nacken geben! Außergewöhnlich in der Besetzung: Klarinette und Gaida, ein griechischer Dudelsack, der so aussieht, als hätte sich der Spieler ein geschorenes Lämmchen mit Schalmei anstelle des Kopfes unter den Arm geklemmt. Ganz vorn an der Bühne hört man von der Gaida allerdings (der Gitarrendominanz wegen) fast nichts; hinten am Mischpult ist der Klang differenzierter. (V.I.C. haben ihren eigenen Tonmann mitgebracht, der sich unmittelbar vorm Konzert noch vom Personal des Klubs kurz einweisen ließ.) Der Klarinettist spielt auch Kaval, eine auf dem Balkan verbreitete mundstücklose Flöte. Es wird zumeist griechisch, nur selten englisch gesungen, im Repertoire sind auch traditionelle griechische Lieder. Offensichtlich populäre Lieder - die im Publikum anwesenden Griechen singen einige inbrünstig und mit kämpferisch erhobenen Fäusten mit. Ein Lied wird unter Applaus den refugees gewidmet. Zum hymnenhaften "Zvara" (und später noch so einige Male) bildet sich im Publikum sofort eine Tanzformation - traditionelle Kreis- und Kettentänze erfreuen sich also auch unter heutigen jungen Griechen ungebrochener Beliebtheit. Die Volkstänzer unter euch wissen, dass Balkantänze mit ihren in oft sehr sportlichem Tempo gespielten 7/8-, 9/8- und 11/8-Takten viele ungeübte Mitteleuropäer abschrecken. Bei V.I.C. jedoch bekommt man diese Tänze in einer Doom-Variante geboten, gut für Tanzeinsteiger, da verfitzt sich garantiert kein Bein. Oder man schwingt einfach nur seine Loden, so man hat. Mir haben V.I.C. intensive Ohrwürmer für die nächsten Tage beschert. Warum hab ich mir eigentlich nicht ihre EP gekauft? Sollten sie mal wieder in die Gegend kommen, werd ich das nachholen müssen.
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