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Barbarossa ausgeKYFFt   15.05.2015   Altenburg, Landestheater
von rls

Diese "Rockerette" (ein Gattungsbegriff, dessen marginale Unterschiede zum Musical eher theoretischer Natur sind) hatte fünf Tage zuvor Premiere im Altenburger Theater gehabt; die zweite Vorstellung sieht ein durchaus gut gefülltes Rund. Kurz zusammengefaßt geht es um Barbarossa, der von der Partei "Deutschland voran" auferweckt wird, aber dann ganz andere Ziele verfolgt als jene. Musikalisch Verantwortlicher ist Olav Kröger, seines Zeichens hauseigener Kapellmeister und stilistisch sehr vielseitig - und das kommt den zweieinhalb Stunden auch durchaus zugute: intelligent und stilsicher (dabei durchaus stilvielfältig zwischen Klassik, Pop, Rock und leichten Weltmusikanklängen) komponiert, einfallsreich arrangiert (wenngleich ohne große Eingängigkeit - es gibt keinerlei Paradenummern o.ä.), gut gespielt und anständig gesungen; am meisten überzeugen kann Ouelgo Téné als illegaler Einwanderer aus Benin, soweit man das beurteilen kann, denn gerade sein Funkmikro ist zu distanziert eingestellt, während man nach der Behebung kleiner Probleme jeweils zu Beginn der beiden Akte die anderen Sängerinnen und Sänger meist recht gut hören und verstehen kann.
Soweit das Positive. Der Abgrund lauert im Stück selbst - Librettist Manuel Kressin äußert sich in seinem Beitrag im Programmheft wie folgt: "Sie werden mir alle aufs Dach steigen, die Historiker, die Verklärer, die Literaturwissenschaftler und die Skeptiker und mir meine historischen Fehler und unwissenschaftlichen Mutmaßungen vor die Nase halten! Aber ich begehe diese Fehler bewusst, denn ich will weder eine historisch korrekte Person darstellen, noch einen Helden." Nach livehaftiger Begutachtung des Stücks bleiben zwei Varianten offen: Entweder es handelt sich, wenn man das Stück ernst nimmt, um gefährlichen geistigen Kolonialismus, dem man eine Detailanalyse besser erspart (nicht nur, aber auch aufgrund der zentralen Botschaft, daß das Stück den Menschen des 12. Jahrhunderts vorhält, warum sie nicht in der Weise des 21. Jahrhunderts denken und handeln), oder aber Kressin meint hier, wenngleich das Programmheft diese Deutung eigentlich nicht nahelegt, gar nichts ernst und sieht das Stück als puren Klamauk - dann erübrigt sich eine Detailanalyse. Aus diesem Oxymoron gibt es keinen Ausweg, und so empfiehlt der Rezensent Timur Vermes' "Er ist wieder da" oder den Monty-Python-Klassiker "Das Leben des Brian", die ähnliche Grundthemen wesentlich eleganter und vor allem stilvoller behandeln.



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