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The Wyld   17.03.2015   Berlin, Friedrichstadt-Palast
von (fm)

Der Großstadtdschungel Berlins - bevölkert mit Paradiesvögeln, Intellektuellen, Altmodischen, Skurrilen, Modernen, Archaischen und Futuristischen. Mitten in der Wildnis der Großstadt: ein junger BMX-Fahrer und die menschenscheue Pudeldame als kontroverse Charaktere und symbolbehaftete Gesichter Berlins. Hier wird eine revuetypische Collage von Bildern gefertigt, die - unter Leitung von Manfred Thierry Mugler - eine Hommage an Berlin darstellen.

Die Zahlen sind beeindruckend: 10,6 Millionen Euro Produktionsbudget, 10 Choreografen, 60 Tänzer/innen aus 28 Ländern, eine 17-köpfige Showband, 1.300 Scheinwerfer und es hört nicht auf. Doch was steckt dahinter? Was erwartet das Publikum, was ist THE WYLD?

Das Publikum sammelt sich langsam im Saal, während bereits auf der Bühne ein Crew-Mitarbeiter hin und her rennt. Er schmückt den Flügel mit einem Strauß roter Rosen, putzt die Scheibe des riesigen Bilderrahmens, der die Mitte der Bühne einnimmt, gibt Anweisungen für Licht und schaut, spielt, rennt und wird auch während der gesamten Show immer wieder als Pantomime-Künstler in Erscheinung treten und für kleine Lacher sorgen. Die Show beginnt. Eine Ballettstunde als Einführungsszene. Die Balletttänzer - frech, altmodisch, modern, alle Charaktere sind vertreten. Der Trainer mit osteuropäischem Akzent gibt Anweisungen "Plié ... und hoch ... zurück ... nicht ganz schlecht, aber auch nicht gut" und "ja so, aber zwei Kilo abnehmen".

Die Pudeldame - auch Lady in Red genannt - erscheint. Dabei leisten die Licht- und Videodesigner ganze Arbeit und verwandelt gekonnt die Bühne des Friedrichstadt-Palasts in das Innere des Fernsehturms. Hier lebt die Lady zusammen mit ihren sieben Hunden und fühlt sich wohl eher zu den Außerirdischen hingezogen als zu den Erdmenschen. Der sogenannte Poodle Act trägt zur Auflockerung der Stimmung bei, auch wenn es etwas an einen herkömmlichen Zirkus erinnert, als die sieben Pudel hintereinander erscheinen und ihre Kunststückchen vorführen.
Danach wird der Zuschauer in die Welt des zweiten Charakters mitgenommen - die Welt des BMX-Fahrers. Eine Collage namens "Urban Tribe" soll die Freiheit, Kreativität, Modernität und Energie Berlins verdeutlichen.
Diese Kluft zwischen Himmel und Erde kann nur eine überirdische Kraft vereinen: Nofretete - die wohl berühmteste "Berlinerin". Die Pause beginnt mit einer Szene im Museum und kurz wurde ich verleitet an den Film "Nachts im Museum" zu denken, als die - vom Hausmeister bewachte - Büste Nofretetes nach Museumsschluss zum Leben erwacht. Es folgen Szenen mit wunderschönen ausgefallenen Kostümen, die die Zeit der Pharaonen mit Hippie-Frisuren der Sechziger und dem modernen Multi-Kulti-Berlin in Verbindung bringt. Hier tanzen Nofretete, andere anmutende Ägypter zu modernen Elektrobeats, die samstags an der Warschauer Straße aus jedem zweiten Club schallen. Für immer wieder lächelnde Gesichter sorgt die ägyptische Drag Queen, die in Plateauschuhen und mit ausgereiftem Hüftschwung von der einen zur anderen Bühnenecke stolziert. Mit der Inszenierung von "Ich bin ein Berliner" wird noch einmal der Bezug zu verschiedensten berühmten Persönlichkeiten in Berlin hergestellt und ein beeindruckendes Bühnenbild geschaffen.

Den meisten Applaus ernten die vier Äquilibristik-Artisten "White-Gothic", die durch ihre anmutende Ästhetik, Kraft und enorme Körperbeherrschung akrobatische Skulpturen bauen und beeindrucken. Auch das Duo Markov aus Russland malt mittels Luftakrobatik wunderschöne Bilder in den Raum. Gefühlvoll und präzise erzählen sie die Geschichte eines frisch verliebten Paares.

Alles in Allem ist THE WYLD eine abwechslungsreiche Revue-Show und allein schon aufgrund der aufwendigen einzigartigen Kostüme, dem großartigen Licht- und Sounddesign und verschiedenster akrobatischer und tänzerischer Leistungen einen Besuch wert. Man sollte sich nur vorher bewusst sein, dass diese Revue eine Collage verschiedenster Zirkus- und Tanzakrobatik ist und sich somit zwar ein roter Faden durch die Show zieht, aber eine richtige Handlung strikt fehlt.



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