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Trio-S   31.01.2015   Bad Lausick, Evangelische Fachschule
von rls

Auch nach der Kirchenbezirksverschmelzung bleibt es eine schöne Tradition im Leipziger Land, erstens in Gitarrenseminaren die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter der evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens mit höheren Fertigkeiten an diesem Instrument auszustatten und zweitens am Samstagabend den jeweiligen Dozenten entweder solo oder mit einem seiner Bandprojekte zu einem Konzert einzuladen. Anno 2015 findet das Ganze in der Evangelischen Fachschule in Bad Lausick statt, und wie bereits vier Jahre zuvor an gleicher Stelle ist Thoralf Pötsch der Dozent. Hatte er weiland abends allerdings mit dem Trio-Speziale gespielt, so ist nach einer Umbesetzung daraus das Trio-S geworden, wobei der Rezensent anno 2011 nicht anwesend war, ergo keine Direktvergleiche ziehen kann außer der theoretischen Erörterung, daß das Trio-Speziale neben dem Percussionisten Göran Schade und (logischerweise) Pötsch noch einen Zweitgitarristen am Start hatte, während im Trio-S der Keyboarder Reno Schröder der Dritte im Bunde ist. Das eröffnet vom Klangfarbenspektrum her natürlich ganz andere Möglichkeiten, und die nutzen die drei selbstredend aus, auch wenn die Keyboards im Gesamtklangbild des Abends bisweilen ein wenig zu stark im Hintergrund stehen und dafür die Percussion hier und da etwas "vorschmeckt". Schröder rollt allerdings in vielen Songs tatsächlich nur den Klangteppich für Pötschs Gitarrenkünste aus, imitiert auch häufig den in der Besetzung fehlenden Baßgitarristen, und dort, wo er mit solistischen Funktionen in den Vordergrund tritt, wird er dann auch im Klangbild entsprechend nach vorn gerückt. Schades Rhythmusfundament wiederum erweist sich als in den nach Tanzformen benannten oder zumindest ebensolche assoziierenden Tracks als besonders wichtig - und davon gibt es im Set eine ganze Menge, sei es der ziemlich flotte "Chicken Dance" als erster Song, den der eine Viertelstunde zu spät kommende Rezensent erlebt, der in zwei Teile mit völlig unterschiedlicher Zugänglichkeit (abweisend vs. liebreizend) gegliederte "Spanish Waltz" im zweiten Set oder der ebenfalls gedoppelte "Tanz der Elfen", der die "Elfen-Trilogie" rahmt und beweist, daß es Elfen unterschiedlicher Gewichtsklassen geben muß. Pötschs geschicktes Händchen für Dramatik wird nicht nur im Mittelteil der Trilogie, "Der Auszug der Elfen", deutlich, aber dort bricht sich die lautmalerische Hand besonders stark Bahn. "Keine Ahnung" hingegen verquickt scheinbar völlig konträre Beiträge der drei Musiker noch vor dem ersten Unisono zu einem großen Ganzen, läßt bisweilen spanische Anklänge in der Gitarrenarbeit erkennen und verschafft Schade für sein Fast-Solo lauten Szenenapplaus des Publikums. Gegebenenfalls agieren allerdings auch die anderen Musiker perkussiv ("Pünktchen"!), und ihren Mix aus Ernsthaftigkeit und Humor beweist die Ansage zu "Arabica", daß man in diesem Song versucht habe, "möglichst viele Weltreligionen zu verknüpfen: Islam, Christentum, Rock'n'Roll ...". "Schneewittchen und der 8. Zwerg" erkundet wieder andere selten gehörte Musikwelten (wer schreibt schon Songs im 7/4-Takt?), während das sarkastisch betitelte, aber kuschelkompatible "No Emotion" und das brandneue "Die Zeit" die gefühlvolle Seite des Bandsounds widerspiegeln. Der Setcloser "Schröder vs. Pötsch" gibt dann dem Affen nochmal eine Großportion Zucker, indem er wildes King-Crimson-kompatibles Gefrickel mit handgemachten (!) Dancefloorsounds (!!) verquirlt, und als Zugabe packen die Musiker noch die einzige Fremdkomposition des Abends aus, nämlich das bekannte Bach-Air (das auch als Inspirationsquelle für Procol Harums "A Whiter Shade Of Pale" gedient hat) in einer Fassung für Gitarre und vierhändiges Keyboard. Zwar hätte der Rezensent gerne noch "Lublin" gehört, aber man kann ja nicht alles haben, und vielleicht ist Pötsch in vier Jahren mal wieder Dozent ...



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