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Amplifier, Knifeworld, Awooga   15.10.2014   Berlin, Privatclub
von CSB

Der Headliner des Abends ist für mich mehr eine Zufallsentdeckung, die sich trotz der gängigen Kanäle nie so recht aufgedrängt hatte. Bis zu jenem denkwürdigen Abend am Rande eines Steven-Wilson-Konzerts, als mir zwei Enthusiasten von dieser Formation vorschwärmten. Zuhause fragte ich mich tatsächlich, wie ich eine solche Band so geflissentlich habe ignorieren können, allerdings entwickelte sich entgegen der allgemeinen Fanmeinung das abwechslungsreiche "Echo Street"-Album zu meinem Favorit. Nun sind die Briten mit ihrem neuen Werk "Mystoria" unterwegs und man durfte auf die Umsetzung mehr als gespannt sein.
Vorher waren jedoch andere dran. Leider schafften wir es erst zum Eröffnungssong von Knifeworld nach Kreuzberg und verpassten so die vielversprechenden Awooga ...
Und Erstere verwirrten erstmal komplett. Es dauerte einige Songs, bis man sich in den verschrobenen aber doch ziemlich charmanten Sound eingehört hatte. Denn da steckt einiges drin - ganz sicher eine ganze Ecke King Crimson, aber auch Anleihen von Genesis, Gentle Giant oder von moderneren Vertretern wie Tool oder Radiohead, gemixt mit einer guten Portion Jazz und psychedelischen Sounds. Spannend aber ebenso gewöhnungsbedürftig waren auch die abwechselnden Satzgesänge vom charismatischen Frontmann und Mastermind Kovus Torabi und Sängerin Melanie Woods. Stellenweise komplett gegen den Strich gebürstete disharmonische Arrangements folgten auf harmonische, beinahe schon kitschige Phasen - große Klasse!! Besonders Eindruck machten das treibende "The Orphanage", der verschwurbelte Ohrwurm "Destroy The World We Love" und ganz besonders das abschließende Feuerwerk "Me To The Future Of You", das alle Stärken dieser interessanten Formation bündelt und Harmoniewechsel bietet, die Genesis in ihrer Frühphase auch nicht besser hinbekommen haben. Man kann den Briten nur wünschen, dass ihnen die Aufmerksamkeit zuteil wird, die sie mit diesem stellenweise exzellenten Material verdienen!
Die Leute waren dennoch wegen Amplifier gekommen und die ließen sich nach kurzer Umbaupause auch nicht lange bitten. Der Opener hätte mit dem Psychedelic-Ohrwurm "Magic Carpet Ride" vom neuen Album "Mystoria" nicht besser gewählt sein können. Sofort fiel auf, welch einen mächtigen Gitarrensound der Vierer live zu bieten hat - das muss ein langer und intensiver Prozess gewesen sein, sich dieser immens druckvollen Klarheit anzunähern und zunächst war man schlicht beeindruckt und begeistert von dieser immensen Klangwand! Der treibende Rocker "The Consultancy" vom Debüt ließ auf eine abwechslungsreiche Setlist hoffen, aber dies sollte sich nicht bestätigen. Der Schwerpunkt lag nahezu vollständig auf dem neuen Werk der Briten, einem Album, das für Konzerte wie gemacht scheint, aber auch ein wenig die Komplexität und die progressive Eleganz von Werken wie "The Octopus" oder "Echo Street" vermissen lässt. So stellte sich im Verlauf des Sets eine gewisse Gleichförmigkeit ein - für sich genommen mögen Songs wie "Black Rainbow", "Cat's Cradle" oder "Darth Vader" grandiose Rocksongs sein, im Gesamtkontext fehlte ein wenig die Abwechslung, erst recht, wenn man Hymnen wie "Extra Vehicular" oder "UFO" im Repertoire hätte. Nun gut, ich gebe zu, es spricht der Progfan aus mir, heute abend kamen aber jene auf ihre Kosten, die in Amplifier in erster Linie eine straighte Rockmaschine sehen und zu schätzen wissen. Die ersten Reihen hatten jedenfalls ihren Spaß und auch Fronter Sel Bellamy und Co. wirkten beinahe entrückt, wie sie sich mit meist geschlossenen Augen durch ihr Set treiben ließen.
Der etwas ruhigere Kontrapunkt sollte wenigstens mit "Crystal Mountain" zum Ende hin folgen und die großartigen Zugaben "The Wave" und "Motorhead" stimmten ein wenig versöhnlicher. Dennoch blieb zumindest bei mir der Eindruck, dass sich diese immens facettenreiche Band ein wenig zu sehr auf ihr Rockmaterial beschränkt hatte. Dem Publikum war's wie gesagt weitgehend egal und es feierte die Band noch lange nach Setende. Auch ich fühlte mich gut unterhalten, die spannenderen Momente an diesem Abend gingen jedoch eindeutig an Knifeworld!

Setlist:
1. Magic Carpet
2. The Consultancy
3. Named After Rocky
4. The Meaning Of If
5. OMG
6. Black Rainbow
7. Meld (Summer Of Love)
8. Darth Vader
9. Half Life
10. O Fortuna
11. Cat's Cradle
12. Open Up
13. Crystal Mountain
14. Crystal Anthem
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15. The Wave
16. Motorhead



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