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Queen II, The Lickin' Boyz   09.11.2013   Berlin, Kesselhaus
von Corey5

Eine Queen-Coverband und eine aus Ärzten bestehende Allround-Coverband - klingt im ersten Moment nicht unbedingt, als wäre es beste Unterhaltung an einem Samstagabend für mich, macht aber doch durchaus neugierig.
Zudem hat das Konzert Charity-Charakter - die Einnahmen gehen an "KINDerLEBEN e.V.", einen Verein zur Förderung der Klinik für krebskranke Kinder in Berlin. Ein Grund mehr, der Neugier nachzugehen!
Vor Beginn der Veranstaltung füllt sich der Saal recht zügig. Mit Sicherheit standen noch Karten zur Verfügung und es war nicht ausverkauft, dennoch aber relativ gut gefüllt. Das Publikum war sehr durchwachsen und das durchschnittliche Alter lag deutlich über dem meinen. Doch wenn man bedenkt, dass Queen von 1970 (Gründung) bis 1991 (letztes Studioalbum ohne begleitende Tournee durch AIDS-Erkrankung Freddie Mercurys) ihre großen Erfolge feierten, ist dies kein Wunder. Die Band ist - was die wenigsten wissen - sogar noch heute aktiv (mit Gastsängern wie z.B. Paul Rodgers, hat Filmprojekte in Planung), kann an vergangene Erfolge aber mit Sicherheit nicht mehr anknüpfen.

Lickin' Boyz  Lickin' Boyz

Lickin' Boyz
Zu Beginn der Veranstaltung versuchten die Lickin' Boyz jedoch erst einmal Bewegung in die angestaubten Knochen des Publikums zu bringen - und das mit krönendem Erfolg. Klar ist hier von Circle Pit, Wall Of Death und Co. nichts zu sehen, aber für ein kleines Tänzchen, Mitwippen und leichtes Headbanging war die Musik-Mischung, die aus den Boxen ertönte, durchaus als angebracht zu bezeichnen. Die Band war wie das Publikum vom Alter her auch eher durchwachsen. Sie besteht aus 4 Ärzten, einer Zahnärztin, einem ehemaligen Pharmareferenten und einem Kapellmeister. Sie treten ausschließlich als Charity-Band auf und verzichten prinzipiell auf eine Gage - der Gastgeber muss lediglich für karitative Zwecke spenden. So konnte die Band von 2008 bis 2012 sage und schreibe 120.000 Euro für die verschiedensten wohltätigen Zwecke zusammentragen. Respekt!
Auch an diesem Abend gaben Frontmann Jürgen Lange und sein Ärzte-Team alles - und das machte Spaß. Große Hits der vergangenen 30 Jahre, die ihre Wurzeln in der Rock-Szene nicht verleugnen können, wurden dem Publikum präsentiert. Wenn ich bedenke, dass Jürgen Lange wohl so alt sein dürfte wie mein Vater, habe ich Respekt davor, dass so viel Party-Laune und Frohsinn in dem Mann stecken - das gleiche gilt natürlich für den Rest der Crew, wenngleich Bassistin Dahlia Nadass wohl einige Jahre jünger sein dürfte. Alles in Allem war es ein gelungener Auftritt, der das Publikum gut anheizte und die Straße für den Einzug von Queen II angemessen ebnete. Dass die Band dies ohne jegliche finanzielle Entschädigung angeht, macht das Ganze umso respektabler für mich.

Queen II  Queen II

Queen II  Queen II

Queen II  Queen II

Queen II
Nach einer Danksagung und einem doch recht flott vonstatten gehenden Umbau stürmten dann Queen II die Bühne. Der Anblick war für mich zunächst allerdings sehr verwirrend. Freddie Mercury (hier in Form von Franz Kühne) gab sich alle Mühe, wie das extrovertierte Original zu wirken. Leider habe ich Queen nie live erleben können, um einen tatsächlichen Vergleich zu haben, aber Youtube macht einem diesbezüglich ja bekanntlich vieles leichter. Gitarrist Brian (hier: Wolf Kuntze) stand mit einer dem Original ähnlich sehenden, aber an ihm übertrieben unnatürlich bis (leicht) lächerlich wirkenden Perücke auf der Bühne, konnte von diesem ersten humorvollen Eindruck aber durch potentes, protziges und durchaus überzeugendes Gitarrenspiel gekonnt ablenken. So gaben die fünf Mannen schlicht alles.
Gesamt über zwei Stunden wurde quasi jeder Queen-Song, den ich kenne - und noch viele, viele weitere -, gespielt. Konzentrierte man sich nur auf die Bühne, war das schon wie eine kleine Zeitreise. Hier lebten die Siebziger und Achtziger wieder auf. Die Emotion, mit der den Idolen aus früheren Zeiten nachgeeifert wurde, zog einen unweigerlich in den Bann, selbst wenn man nicht unbedingt der größte Queen-Fan ist. Kleine pyrotechnische Einlagen, Show-Effekte, Lichter, Qualm und eine perfekt abgestimmte Inszenierung ließen diesen Abend zu einem der besten des gesamten Herbstes bisher werden. Auch dass die Band die ganze Zeit bis zum Ende des ersten Aktes gute zwei Stunden ohne Pause durchspielte und kaum Luft zwischen die einzelnen Liedern holte (Interaktion mit dem Publikum fehlte dennoch nicht), ist sehr beeindruckend. Meist reden viele Musiker zwischendurch immer erst einmal ein paar Minuten, ohne das Publikum richtig anzufeuern. Nicht so Franz. Knallhart wurde hier durchgezogen. Als nach über zwei Stunden der letzte Song erklang, war jedoch klar, dass noch eine Zugabe her musste, da die wirklichen Kassenschlager, die Queen den Erfolg ermöglichten, der ihnen Kultstatus einbrachte, fehlten: von "We Will Rock You" und "Don't Stop Me Now" und - passend zur Zugabe - "The Show Must Go On", um nur einige zu nennen.
Zum Ende dieser Zugabe wurden auch die Lickin' Boyz noch einmal auf die Bühne geholt und konnten Queen II bei "We Are The Champions" zum krönenden Abschluss des Abends tatkräftig unterstützen. Hier folgte auch noch eine sehenswerte pyrotechnische Einlage.
Sobald eine der beiden Bands noch einmal Berlin unsicher machen sollte, werde ich dies jedenfalls nicht verpassen und kann es nur jedem, der die Gelegenheit hat, sich so ein Spektakel anzusehen, wärmstens empfehlen. Ich war überrascht und beeindruckt, was hier auf die Beine gestellt wurde. Die gesamte Atmosphäre war mitreißend. Auch die gesamte Organisation muss hier mal lobend erwähnt werden. Alles lief reibungslos und war bestens organisiert. Einzig die Akustik im Kesselhaus ist nicht auf allerhöchstem Niveau, dennoch aber recht gut. Das fiel mir schon zum Shinedown-Konzert im letzten Jahr auf. Dies ist aber vor allem auf die extrem hohe Betondecke zurückzuführen, die den Schall nicht so schön reflektiert wie in kleineren Konzertsälen, dennoch aber einen Hall erzeugt, der bei beispielsweise Open-Air-Konzerten nicht gegeben ist. Das fällt jedoch nur bei genauerem Hinhören auf. Prinzipiell stellt das Kesselhaus aber eine schöne Location in Berlin dar, die ich gern für weitere Konzerte besuche.






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