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Karnivool, The Intersphere   31.10.2013   Berlin, Lido
von Corey5

Und wieder stand ein Abstecher ins schöne Lido in Berlin auf dem Programm. Diesmal zur Headliner-Tour der australischen Progressive-Rock-Band Karnivool. Da war die Vorfreude natürlich groß. Im Gepäck hatten die Jungs eine Band namens The Intersphere als Opener. Da unbekannt, hieß dies natürlich, sich überraschen zu lassen.
Am Eingang sammelten sich um die Einlasszeit schon Scharen von Leuten, die unbedingt noch Karten für das ausverkaufte Kontert ergattern wollten - dabei allerdings mit ausbleibendem Erfolg. Offensichtlich sind die Musiker aus Perth (West-Australien) nicht nur mir bekannt und Karten dementsprechend begehrt. Der Einlass ging - wie immer - flott vonstatten. Anschließend kurz die Garderobe abgegeben und rein ins Getümmel. So voll habe ich das Lido selten erlebt - tolle Atmosphäre.
Dann war es auch schon soweit und The Intersphere stürmten die Bühne. Gleich unvermittelt ertönten die ersten Klänge - welche zu gefallen wussten. Der Sound war extrem ausgewogen und perfekt auf die kleine Kulisse abgestimmt - vielleicht fast schon ein wenig zu laut, aber ohne überzusteuern oder anderweitig unangenehm zu kratzen oder blechern zu wirken. Großes Lob! Das schaffen die Veranstalter im Lido wirklich jedes Mal (auch zu Silverstein und We Are The Ocean). Nach dem ersten Song folgte für mich eine kleine Überraschung: The Intersphere sind eine deutsche Band. Christoph (Gesang), Thomas (Gitarre), Sebastian (Bass) und Moritz (Schlagzeug) stammen aus Mannheim. Schon drei Alben haben die Jungs produziert ("Hold On, Liberty!" schaffte es 2012 sogar auf Platz 63 der Charts). Mittlerweile arbeiten sie am vierten. Dieses erscheint wohl zu Beginn des zweiten Quartals 2014. Ein Titel steht jedoch noch nicht. Dieses werde ich mir auf jeden Fall aber zu Gemüte führen. Auch die älteren Scheiben müssen jetzt quasi aus der Versenke geholt werden. Was die Jungs da auf der Bühne ablieferten, hat mich tatsächlich beeindruckt. Aber das macht wohl auch die Erfahrung - The Intersphere standen schon bei "Rock Am Ring" und "Rock Im Park" auf der Bühne. Das Publikum wurde animiert, die Stimmung ordentlich aufgeheizt. Auch untereinander stimmte das Zusammenspiel der vier Mannheimer. Musikalisch bewegt sich die Band nicht sonderlich außerhalb dessen, was man unter Rock versteht. Eingängige Rhytmen, gute Riffs, alles recht Main-Stream - eine Rock-Band eben. Im Gedächtnis wird mir die Band aber bleiben, weil sie mich mit dem Live-Auftritt so positiv überrascht hat. Nach einer halben Stunde jedoch war der kleine Zauber auch schon wieder vorbei.
Bis zum Auftritt von Karnivool verging dann leider relativ viel Zeit - lassen wir es mal so 45 Minuten gewesen sein -, da die komplette Bühne umgebaut werden musste. Kleine Bühnen sind nun einmal leider nicht größer und bedürfen eines längeren Aufbaus, da keine Vorbereitungen getroffen werden können (Gerätschaften schon vor der Vorband aufgebaut etc.). Die Zeit verging jedoch recht schnell. Mit Freunden ein Bier getrunken, etwas unterhalten und der wirklich guten Musikmischung aus der Konserve gelauscht - und schon geht es weiter.
Karnivool begannen ihr Konzert unter tosendem Jubel - jedoch ohne das Publikum auch nur eines Wimpernschlages zu würdigen. Dies erinnerte mich schon sehr stark an das letzte Konzert von ihnen beim Highfield. Musikalisch kann die Band überzeugen, doch bei Live-Auftritten fehlt jegliche Stimmung. Diese kommt aber bei solcher Musik zum Glück ganz von allein aus den Tiefen des Publikums. Es wurde gehüpft, gepogt, getanzt und mitgegröhlt, was das Zeug hielt. Innerhalb der ersten Stunde änderte sich an diesem Gesamtbild quasi nichts. Der Sänger bedachte das Publikum mit zwei kurzen Sätzen. Ansonsten spielte die Band ein wenig in einer eigenen kleinen Welt, in der wir passive Zuschauer waren und das Geschehen selbst befeuerten. Durch den glasklaren Sound, die überzeugende Stimme des Sängers Ian Kenny und die gute Stimmung war dies aber nur halb so wild.
Wenn die fünfköpfige Crew, welche schon 16 Jahre existiert, allerdings nur ein bisschen mehr Enthusiasmus in die Live-Programme setzen würde - die Erfahrung ist ja eigentlich vorhanden -, könnten die Mannen Stadien füllen und ähnlich antreiben wie die Foo Fighters oder andere große Bands. Gesamt machte das Konzert so leider etwas den Eindruck, als würde man die CD aus der Konserve hören und hätte dazu einen Blick durch die Scheibe ins Studio. Live sind Bands doch dazu da, das Publikum zum Kochen zu bringen und nicht ihr eigenes Süppchen auf der Bühne zu kochen. Schade eigentlich.
Generell war es aber ein schöner Abend mit guter Musik und einer neu kennengelernten Band - The Intersphere. Was wirklich überzeugen konnte, war die Zeit, die Karnivool auf der Bühne standen. Gute zwei Stunden hatten sie gespielt, als ich kurz vor Zwölf verwundert und erstaunt (sowie positiv überrascht) auf die Zeiger nahe meines Handgelenks schaute. Schade, dass das Konzert nicht einen Tag später stattfand - dann hätte man direkt zur "RELOADED 110% Rock"-Party im Lido bleiben können. Der perfekte Abend. Aber auch so war es super. Wer nicht unbedingt der Meinung ist, dass eine Band einem live das Gefühl geben muss, mittendrin statt nur dabei zu sein, und mit Progressive Rock etwas anfangen kann, ist hier aber richtig. Wer stattdessen auf Live-Unterhaltung setzt, sollte warten, bis die ebenfalls australische Progressive-Rock-Band Dead Letter Circus auf Tour ist. Im gleichen Atemzug kann/muss ich da auch auf die amerikanische Progressive-Rock-Band Fair To Midland verweisen. Live liegen da durchaus Welten zwischen den Genannten und Karnivool. Musikalisch sind alle drei jedoch mit dem Prädikat "besonders empfehlenswert" auszuzeichnen.






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