www.Crossover-agm.de
Sigur Rós, Oake   19.06.2013   Dresden, Junge Garde
von sk

Unter Verweis auf Mt 12,36 ("Ich sage euch aber, daß die Menschen müssen Rechenschaft geben am Jüngsten Gericht von einem jeglichen unnützen Wort, das sie geredet haben.") kein Wort zur Vorband. Nur am Rand: Mein Wortschatz würde auch nicht für die angedachte Schimpftirade reichen. OK, eins nur: Kunstkacke.
Und unter Verweis auf dieselbe Stelle dürfte auch zu Sigur Rós nicht viel geschrieben werden. Denn: Angesichts dieser epischen Musik wäre jedes Wort vor allem eines: unnütz. Ich versuche mich jetzt aber gar nicht erst in Bibeltreue.
Auf ihrem erst kürzlich erschienenen Album "Kveikur" präsentieren sich die Isländer, nunmehr den Abgang von Keyboarder Kjartan Sveinsson verzeichnend, zum Trio geschrumpft. Fast 20 Jahre alt ist die Band, 7 Studioalben, 2 Filme und einiges mehr ist ihr Werk stark. Ich erinnere mich noch gut daran, wie mich das Video zu "Svefn-g-englar" 1999 (damals noch auf VIVA 2) aus ihrem zweiten Album "Ágætis byrjun" vor meinen kleinen Fernseher fesselte, mein Mund offen stand und ich für gut 10 Minuten vollkommen entrückt war. Das war Magie. Und diese Zauberkraft wiederholte sich bei jedem Album. Bei jeder neuen Scheibe klangen sie immer nach sich selbst und doch anders. Die sensationellen Arrangements, Jón Þór Birgissons Falsett, diese unbeschreiblichen Melodien! Die Wut in "Popplagið" (aus "( )"), die naiv-kindliche Verspieltheit von "Glósóli" (aus "Takk…"), die romantische Wucht von "Árá bátur" (aus "Með suð í eyrum við spilum endalaust"). Umwerfend das alles. Und das neue Album überrascht wieder: perkussiv, düster, schleppend und roh.
Viele Songs des Albums werden gespielt an diesem verflixt heißen Tag in Dresden. Der erste Teil des Sets gehört den Liedern von "Kveikur". Und erst hier, in der nicht ganz ausverkauften Jungen Garde, entfalten die Stücke ihre gesamte Kraft. Verstärkt durch Bläser und Streicher sowie Percussions wird der Sound voll und dicht, ein Netz, das die Zuhörer einfängt und nicht unverwandelt frei lässt. Es folgen die bekannten Songs. Das Areal bebt bei den ersten Klängen von "Svefn-g-englar" und fliegt am Ende des Konzerts in Trance entlang des bis zum Bersten gespannten Bogens namens "Popplagið" bis in den Kern dessen zuckenden, gewittergleichen Schlusses.
Eine Videoleinwand zitiert Sequenzen aus den zugehörigen Videoclips in atmosphärischen Bildern. Ein rundes Bild, ein geschlossenes Ganzes entsteht. Es ist: Einfach schön. Und was mich besonders freut: Auch wenn es jetzt das vierte Konzert war, das ich von Sigur Rós sehen und hören durfte, haben diese Postrock-Götter (wie schwach der Begriff Postrock an dieser Stelle wirkt!) nichts von ihrer Live-Faszination und Qualität verloren. Für mich die beste (Live-)Band auf Gottes schönem Erdenrund. Wer's hören kann, wird's fühlen. Magisch!

Setlist Sigur Rós:
1. Yfirborð
2. Hrafntinna
3. Ísjaki
4. Kveikur
5. Brennisteinn
6. Vaka
7. Sæglópur
8. Svefn-g-englar
9. Varúð
10. Hoppípolla
11. Með Blóðnasir
12. Olsen Olsen
13. Festival
14. Glósóli
15. Popplagið



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver