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Hollywood Rose   08.03.2013   Gera, Sächsischer Bahnhof
von rls

Guns 'n Roses gehören nicht zu den Bands, die man jeden Tag um die Ecke live erleben kann (über die heutige Qualität des Originals erlaubt sich der Rezensent auch keine Spekulationen), und so entsteht eine Nische für Coverbands wie eben Hollywood Rose, die sich als einem ihrer Schaffenszweige dem Tributzollen an die Gewehrbotaniker verschrieben haben, wobei sie allerdings auch Eigenkompositionen schreiben, von denen freilich an diesem Abend keine im Set gestanden hat: Man hätte sie an den ungarischen Texten erkannt - Hollywood Rose stammen nämlich aus dem Land der Magyaren, texten in ihrer Muttersprache und eröffnen an diesem Abend im Sächsischen Bahnhof eine kleine Europatour, wo sie die Texte der Kompositionen von W. Axl Rose und seinen Mannen aber natürlich nicht ins heimische Idiom übersetzen, was das Auditorium auch vor ein paar Probleme beim andächtigen Mitformulieren gestellt hätte. Schwierigkeiten gibt es auch so genug, denn der Gesang von Axl (die sechs Herren werden in diesem Review kurzerhand mit den Namen der originalen Positionsinhaber benannt, um die Identifizierung zu erleichtern) ist zu weit in den akustischen Hintergrund gemischt worden, so daß man seine stimmlichen Qualitäten nur partiell erkennen kann. Was man erkennen kann, ist freilich beeindruckend genug, denn der Mann bekommt Original-Axls vielschichtige Lautäußerungen auch in dieser Vielseitigkeit gebacken, wobei besonders das Gekreisch einen recht jugendlichen Eindruck hinterläßt, obwohl der Sänger augenscheinlich der Jüngeren keiner mehr ist. Auch optisch orientiert er sich etwas am Original, was auf den Rest der Band freilich nicht zutrifft, die man eher in einer Metalcore- (Matt), Hardcore- (Duff) oder Classic-Metal-Kapelle (Izzy) verorten würde. Das macht freilich nichts, denn den spielerischen Aufgaben, die die weitestgehend originalgetreue und nur selten konsequent aufgebrochene Interpretation an die fünf Instrumentalisten stellt, zeigen sich diese problemlos gewachsen, auch wenn diese Einschätzung bezüglich Dizzy vage bleiben muß, da man dessen Keyboards ebenfalls nicht so sehr gut durchhören kann. Aber er hat ja auch ein paar solistische oder mit nur sanften Begleitungen unterlegte Passagen zu bestreiten, und da bestätigt er das positive Urteil problemlos. Dafür gibt es andere Kuriosa zu berichten. Zunächst wäre da der etwas übermotivierte Axl zu nennen, der beim Versuch, das anfangs etwas lethargische Geraer Publikum zum Mitmachen zu animieren, etwas über die Stränge schlägt und beispielsweise im Schlußteil von "Don't Cry" nochmal eine Mitklatschanimation startet, obwohl der Song danach gleich zu Ende ist. Auch an die typisch deutsche Sitte, während der Songs eher andächtig zu lauschen und erst danach Applaus und Lärm von sich zu geben, muß sich der Ungar wohl erst gewöhnen, während andererseits das Publikum eine gewisse Zeit braucht, um sein magyarisches Englisch zu verstehen. Allerdings machen es sich Hollywood Rose auch mit der Setlist unnötig schwer. Auf einer GNR-Fankonvention, wo jeder die Alben der Vorbilder auswendig kennt, kann man mit drei Songs aus der zweiten oder dritten Reihe starten, aber vor einem unspezialisierten Clubpublikum, das sich eher an den Hits entlanghangelt, funktioniert diese Strategie nur bedingt, und so tauen die Anwesenden in Gera erst beim Block 4-6, der aus "Live And Let Die", "Welcome To The Jungle" und "Don't Cry" besteht, auf, was zugleich Axls Aufgabe in der weiteren Spielzeit vereinfacht. Der Knoten platzt allerdings erst, als der sonst auch Backings singende Slash das Kommando übernimmt, mit seinen Deutschkenntnissen punktet und "Eisgekühlter Bommerlunder" intoniert, was das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißt und die Stimmung auf ein hohes Niveau hebt, die dann bis zum Schluß auch nicht mehr entscheidend abebbt, hier und da aber nochmal neue Höhen erreicht. Kurios, daß eine GNR-Coverband ausgerechnet mit Nicht-GNR-Songs die besten Reaktionen erntet - das Szenario wiederholt sich nämlich noch einmal: Vor dem großen Schlußteil von "November Rain" schieben Hollywood Rose nämlich "Whole Lotta Rosie" in voller Länge und, weil das Publikum daraufhin völlig steil geht, auch noch ein Fragment von "Highway To Hell" ein. Axl gibt hier übrigens auch einen sehr patenten Bon Scott ab, während Slash sich im den regulären Set abschließenden "Knocking On Heaven's Door" an der Gitarre nochmal richtig austoben darf, und selbst der Rezensent, der diesen Song eine Zeitlang nicht mehr hören konnte, weil ihn jede dritte Nachwuchsband mehr schlecht als recht coverte, ist von dieser Darbietung ausgesprochen angetan, auch wenn der Soundmensch die anfangs eher zu niedrige und später ideale Lautstärke mittlerweile ein bißchen in den übertriebenen Bereich gelenkt hat. Als Zugabe packen die sechs Magyaren noch "Paradise City" aus und runden damit knapp 100 Minuten prima Unterhaltung ab, die allerdings für den älteren Teil des Publikums ruhig früher als 22.58 Uhr (!) hätten beginnen können ...



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