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Olaf Schubert - Das Krippenspiel: Essen auf Eseln - Jesus kocht über   21.12.2012   Berlin, Postbahnhof
von Corey5

Wenngleich das "Krippenspiel" schon seit 1996 fester Bestandteil des kulturellen Kalenders um die Weihnachtszeit ist und jedes Jahr einer Neuauflage unterzogen wird, so ist es dennoch nie dasselbe.
Nach den letzten beiden Jahren, in denen das Stück gespielt wurde (mit den Titeln "Jesus vom Lazarett" und "Jesus im Kreuzfeuer (Die Heilsarmee greift an)"), hieß es anno 2012 "Essen auf Eseln - Jesus kocht über".
Zu Beginn betritt Herr Stephan (wie bei jedem Krippenspiel) als geistlicher Erzähler beweihräuchert die Bühne, um dem Zuschauer einen Einstieg in die Geschichte des Jesus zu geben - welche jedes Jahr relativ gleich ist, ohne dabei an Witz zu verlieren. Dann beginnt die Geschichte auf der Bühne mit Oma Maria, welche dieses Jahr eine Singlehotline betreibt. Mit Witz und Esprit beginnt der Monolog der verzweifelten Oma, welche alsbald Besuch von einem Erzengel erhält. Nun bekommt sie gesagt, dass sie das Kind Gottes gebären wird - ist damit aber anfangs nicht so ganz einverstanden … denn wo bleibt da der Spaß!? Zeitsprung.
Oma Maria ist mit Josef, den sie über die Singlehotline nicht vermitteln konnte, liiert. Doch der junge Jesus glaubt nicht daran, dass Josef sein Vater ist. "Zum Kneten dieses groben Teiges bedarf es eines opulenteren Quirls", bringt er ihm entgegen.
Nach einem Berufswechsel hat Oma Maria ein Restaurant eröffnet. Doch in dem kleinen Restaurant "Zur jüdischen Eiche" ist Flaute. Jesus, der zu diesem Zeitpunkt schon erwachsen ist, übernimmt kurz die Geschäfte, während die Oma mit Josef in der Stadt ist. Zu Besuch kommen die drei heiligen Könige, um ein Fest für den Heiland abzuhalten - welcher, wie sich kurz darauf herausstellt, Jesus ist. Er erhält dafür von den drei Gesalbten ein Geschenk, die "Heiland-Tüte" - oder auch einfach das "Handgelenkschwulett", wie Jesus es argwöhnisch bezeichnet. Es ist ein einfacher Jute-Beutel. Inhalt sind ein Apfel, ein Ei und drei Nägel. "Ich oxidiere vor Glück" kann der Heiland da nur von sich geben.
Nach kurzem Streit mit seiner Oma Maria - während dem Jesus seine korpulente Großmutter als "Fleischsalat in Sandalen" bezeichnet - kommt eine Familie zu Besuch und möchte bewirtschaftet werden. Man merkt gleich, dass da schwer etwas im Argen liegt, was das Ehe- und Familienglück angeht. Auch der Sohnemann bekommt Alkohol ausgeschenkt. "Wasser mache ich später zu Wein. Jetzt habe ich erst einmal Berliner Pilsener zu Bier gemacht." Jesus hebt eine Flasche Beck's nach oben. Man kann davon ausgehen, dass dieser Witz auch in Apolda und anderen Städten mit eigenem Bier vorgetragen wird - und gut ankommt.
Nach einer Pause, in der verschiedene Kurzfilme von "Doppelhochzeit" eingespielt wurden, geht es dann weiter mit dem letzten Abendmahl. Hier stehen nun die verschiedenen Essgewohnheiten der beiwohnenden Personen (die heiligen drei Könige, Jesus und Josef) im Zentrum der Diskussion. Es wird viel philosophiert und unterschwellig auf sarkastischster Ebene gewitzelt und das Publikum vor Lachen fast zum Weinen gebracht. Abgeschlossen wurde hier dieses Jahr mit einer Parodie der Oper "Die Hochzeit des Figaro", welche im Text die verschiedenen Ansichten über Essgewohnheiten verarbeitet.
Dann folgt wie jedes Jahr der Monolog des Jesus, welcher sich über knapp zehn Minuten erstreckt und in einer abnormen Geschwindigkeit abgehalten wird, bei der man mit dem Lachen den Witzen und Wortspielen des Olaf Schubert schon gar nicht mehr folgen kann. Man hat den einen Schwank noch nicht ganz verarbeitet, da möchte man schon über den nächsten lachen. Dies ist der absolute Höhepunkt einer jeden Aufführung und absolut einzigartig im deutschen "Theater". Der Text ist wirr und wie immer typisch á la Olaf Schubert relativ sinnfrei zusammengesetzt, folgt dennoch aber einem roten Faden. Hastig eilt er von Thema zu Thema und überschlägt sich dabei selbst, bis sein Vater - "Gott" -, gespielt von Herrn Stephan, den jungen Jesus zurechtweist und meint, dass er sehr betrunken gewesen sein muss, wenn er es Oma Maria besorgt hätte.
Zum Ende hin soll Jesus an das Kreuz genagelt werden, doch als der Vorhang fällt, steht an besagter Stelle ein Haken-Kreuz. "So geht das net." Kurzerhand wird es in einer mit Musik untermalten Choreographie zu einem richtigen Kreuz umgebaut und Jesus drangenagelt. Seine letzten Worte:
"In meiner Situation kann ich nur sagen 'dran bleiben'".
Der Vorhang fällt.
Das Krippenspiel folgt jedes Jahr dem gleichen Erzählstrang, doch immer werden aktuelle Themen des Jahres aufgegriffen und auf humoristische Art und Weise verarbeitet. Es ist somit immer komplett anders verpackt irgendwie doch das gleiche. Und genau das macht das Krippenspiel so besonders. Es ist Altbewährtes und Bekanntes in einem neuen Kleid, welches Jahr für Jahr überzeugen kann. So auch für mich das dritte Jahr in Folge. Auch jetzt ist schon ein Kreuz im Kalender 2013, wenn es wieder heißt: KRIPPENSPIEL mit Olaf Schubert. Doch wer tief schwarzen Humor, Sarkasmus und Witzeleien über das Dritte Reich und anderweitige Sketche, die voll unter die Gürtellinie gehen, nicht vertragen kann, sollte sich diesem kleinen Spaß-Höhepunkt der Weihnachtszeit besser nicht aussetzen.

Kontakt: http://www.olaf-schubert.de/






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